Petra hat geschrieben:
Kapitel 17:
Dem Kapitel 17 möchte ich gern besondere Aufmerksamkeit schenken, da es ja das Kapitel ist, das gestrichen worden war. Aus heutiger Sicht ist kaum mehr vorstellbar, dass man hier eine Streichung für nötig befunden hat, weil Anna Quangel dort in einem nicht so guten Licht erscheint. Für Dich, Maria, müssen wir sicher erst mal ein bisschen ausholen, was in dem Kapitel denn überhaupt beschrieben steht, da das Kapitel bei Dir ja fehlt, und nur ein kleiner Teil davon dem eigentlichen Kapitel 18 angehangen wurde.
In Kapitel 17 meint Otto zu Anna Quangel, dass es besser sei, wenn auch sie aus der Frauenschaft austritt, so wie er von seinem Amt bei der Arbeiterfront. Otto Quangel meint, dass sie es am besten auch so anstellen solle, dass man ihr keine Parteiuntreue nachsagen könne. Anna Quangel fragt sich, wie sie das wohl zu Wege bringen soll. Sie entscheidet sich für den umgekehrten Weg, von ihrem Mann.
ihre Mitgliedschaft in der Frauenschaft wird bei mir nicht erwähnt. Sehr schade, denn ich finde, es wird sehr raffiniert geschildert, wie sie sich ausschließen lässt. Es gibt viel von ihr preis. So habe ich nur den Eindruck eines verhuschten Wesens, das sich danach sehnt, Anerkennung zu finden, hauptsächlich bei ihrem Manne.
@Petra,
danke für die ausführliche Szenenbeschreibung.
Das war wirklich sehr aufschlußreich.
Petra hat geschrieben:Aus heutiger Sicht erscheint Anna Quangel dadurch gar nicht in schlechtem Licht. Für die Verhältnisse kurz nach dem Krieg galt aber wohl, dass man so etwas wie dieses Führergetreue Verhalten der Anna Quangel nicht gern sah. Dass sie es nur spielt, und der eigentliche Zweck ja genau gegenteilig gemeint war (eben gegen den Führer und sein Gefolge), war bei der Beurteilung offenbar unwichtig.
Birgt eine Unlogik in sich *kopfschüttel* - ist nicht wirklich verständlich.
Im 17. Kapitel, betitelt "Die erste Karte wird geschrieben", wird die Anna erstmal von Otto eine Woche lang (von Sonntag auf den nächsten Sonntag) vertröstet, nichts mit Erklärung. So ist sie voller Unruhe. Hier klafft mE eine große erzählerische Lücke gleich am Anfang des 17. Kapitels.
Vielleicht steckte in diesen 7 Tagen der Plan Annas drin, wie sie aus dem Frauenbund austreten kann ohne Repressalien.
Petra hat geschrieben:Bei uns geht es in Kapitel 18 darum, dass Otto sich nach langem Schweigen nun endlich Anna anvertraut. Auch das ist von Fallada sehr schön herausgearbeitet. Wie Anna erst geschockt ist, dass Otto damit quasi gar nichts tut. Karten schreiben. Wie im wahren Leben auch. Ganz still und gefahrlos. Aber als sie Otto das sagt, sagt seine Reaktion so viel aus. Selbst Anna denkt damit um. Denn jeder soll auf seine Art Widerstand leisten. So Otto auch auf seine. Und so klein der Widerstand auch sein mag, der Preis dafür, wenn sie auffliegen, ist nicht geringer als der Tod. Besser kann man die Größe des kleinen Widerstands kaum zeigen. Toll gemacht.
das ist alles bei mir im 17. Kapitel drin.
Kapitel 18 "Die erste Karte wird abgelegt"
sie suchen sich auf Annas Rat hin, ein anderes Haus aus, nicht so in ihrer Nähe. Es dauert etwas bis Otto wieder herauskommt.
Zweiter Teil Die Gestapo
Kapitel 19:
In diesem Haus ist der Rechtsanwalt Toll und der Schauspieler Harteisen, der die 1. Karte findet. Zunächst wissen die beiden nicht was sie tun sollen und sind sich gegenseitig mißtrauisch. Ein gutes Beispiel dafür, dass das Regime mit seinem Schreckensverbreitung Erfolg hat, selbst seinen besten Freunden mißtraut man.
Sie geben die Karte einem Politischen Leiter, das Füchslein genannt, ab, der bringt sie zur Gestapo.
Und hier gibt es eine Aussage, die zumindest ansatzweise Licht ins Dunkel bringt, wie der Nationalsozialismus funktionieren konnte. Es heißt dort....
Alle habe sie Angst!" entschied das Braunhemd verächtlich. "Warum eigentlich? Es ist ihnen doch so leicht gemacht, sie brauchen nur zu tun, was wir ihnen sagen."
"Das ist, weil die Leute das Denken nicht lassen können. Sie glauben immer, mit Denken kommen sie weiter."
"Sie sollen bloß gehorchen. Das Denken besorgt der Führer."
So einfach und so schwerwiegend.
Liebe Grüße
Maria