Stieg Larsson

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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Binchen » Mo 18. Jan 2010, 20:41

Fein, dass wir hier was klären können -

zum Einen - ich glaube da hab ich jetzt wieder ein Stück mehr verstanden, liebe Petra - es ist, wie häufig zwischen uns, die Glaubwürdigkeit ist im Vordergrund bei Dir, wenn etwas gar nicht geht, dann wenn Du meinst, es könne so gar nicht sein, es ist zu stark überzeichnet - wobei das zu stark immer eine Gratwanderung ist.

Außerdem ist der Berührungspunkt zwischen Antihelden und Außenseitern bei uns auch eher gering - denn ich bin eher bei den Außenseitern, bei denen ich ein Stück mögen muss - Du bei den Antihelden zufrieden. Zu wenig positiv - und ich bin weg - zu wenig glaubhaft, zu geschönt - Du bist verschwunden -

@All - unsympathisch und Lisbeth - nöööö - wieso sollte Lisbeth unsympathisch sein? Sie ist direkt, und konsequent - fragt wie etwas zu verstehen ist, sagt, was ihr nicht passt.

Ich finde sie hat auf Basis ihres Hintergrunds eine Entscheidung getroffen. Sie klagt an einer Stelle an, dass jede eine Wahl hat nicht nur Opfer zu sein, sondern sich auch wehren kann, wenn es auch nicht einfach oder bequem ist. Und sie wählt die Waffen, die ihr zur Verfügung stehen.
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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Doris » Di 19. Jan 2010, 08:30

Binchen hat geschrieben:@All - unsympathisch und Lisbeth - nöööö - wieso sollte Lisbeth unsympathisch sein? Sie ist direkt, und konsequent - fragt wie etwas zu verstehen ist, sagt, was ihr nicht passt.



Guten Morgen Binchen,

jemanden sympathisch zu finden oder nicht ist ja ein rein subjektives Gefühl und aus der Erinnerung heraus (es ist schon einige Zeit her dass ich das Buch gelesen habe) bleibt sie es auch.
In dem Bestreben Lisbeth "anders" zu machen hat Larsson sie meiner Meinung nach total überzeichnet. Und das macht sie für mich unsympathisch.
Ich habe gestern Abend mal meinem Mann gefragt (der alle drei Bände gelesen hat und richtig gut fand) - er findet Lisbeth cool im weitläufigen Sinn, aber nicht sympathisch.

Herzlichst, Doris
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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Binchen » Di 19. Jan 2010, 09:00

Huhu liebe Doris,

coool lag mir gestern in den Fingern, hab's aber nicht getippt.
Lisbeth würde sicher auch nicht meine Freundin. Die Frage an Deinen Mann lässt mich noch mal in mich gehen - vielleicht würde ich nun eher sagen - ich mag sie, finde sie tough und bewundere ihre Konsequenz.

Die Sache mit der Überzeichnung sehe ich, wenn man kleiner Spoiler - Ihre Eltern betrachtet ' nicht gar so krass, bzw. im gleichen Rahmen wie deren Überzeichnung. Wobei sich mir die Frage stellt, ob der Vater wirklich überzeichnet ist, weil ich mir vorstellen kann, dass es diese Miststücke auch genauso gibt, nur dass ich sie normalerweise nicht kennenlerne.

Aber - hätte ich sie nicht mögen können, hätte ich die Bücher sicher nicht lesen können, weil ich jemanden im Roman brauche, den ich mag, und da wäre Mikael ein bisschen wenig, den finde ich zwar auch OK, tough und loyal, aber der weckt nicht diesen Sog.

Nun, Ihr Lieben, die Ihr die Bücher auch verschlungen habt - Britti .... - wo seid ihr? Wie steht Ihr zur Überzeichnung und Sympathie zu Lisbeth - Ihr mochtet sie doch auch - lasst Euch doch bitte aus, warum?
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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Petra » Di 19. Jan 2010, 10:18

Hallo zusammen,

ich finde die Diskussion auch ungemein spannend und freue mich, dass Ihr das auch so seht - und es auch sagt! :-)

Was die Sympathie für Lisbeth angeht, so sehe ich es auch so, dass die rein subjektiv ist.

Ebenso finde ich, dass es reine Geschmackssache ist, ob man die Überzeichnung von Lisbeth mag oder nicht.

Ich weiß für mich, dass ich mit der Überzeichnung hier im Buch schlecht zurecht käme. Beim Hörbuch (warum auch immer) kann ich sowas viel besser nachsehen. Beim Film sowieso (wenn es gut gemacht ist).

Mit Überzeichnung von Figuren habe ich bei Büchern generell Probleme. Aber manchmal geht's. Und das hängt dann von meiner ganz subjektiven Empfindung ab. Da kann dann der Autor unter Umständen nicht mal was für, sondern da passt es dann einfach zwischen dem Autor und mir nicht. P. J. Tracy z. B. hat auch überzeichnete Figuren (Monkey Wrench-Team). Allen voran die beiden Frauen: Annie besonders - sie ist sehr füllig aber ja ach so verführerisch. Kein Mann kann ihr widerstehen, da sie so sinnlich und hübsch ist. Das finde ich gut gemeint. Auch eine Frau mit mehr Kilos soll mal reizvoll dargestellt werden. Aber das passiert hier auf übertriebene Art. Denn auch auf eine Frau mit einer Topp-Figur stehen nicht ALLE Männer. Und es wird mir auch einfach zu oft betont. Ebenso Grace, die andere weibliche Hauptfigur. Verhaltensgestört, nie unbewaffnet und unnahbar. Ebenso extrem. Solche Menschen gibt es im wahren Leben nicht. Zumindest nicht so einseitig, wie sie hier geschildert werden. Aber bei P. J. Tracy kann ich es gerade noch so für mich hinnehmen. Weil es auch nicht so ganz, ganz ernst gemeint ist. Das Gefühl jedoch hatte ich bei Stieg Larsson nicht. Ich hatte das Gefühl, dass er mir durchaus einen realistischen Krimi mit realistischen Figuren erzählen möchte. Und da trägt er für meinen Geschmack einfach zu (!) dick auf. Ein bisschen Außenseiter und ein bisschen verschlossen wäre ja ok. Aber es sprang mich einfach so arg an. Bzw. plakativ ist schon das richtige Wort dafür.

Aber daran sieht man schon: Es ist eine Gratwanderung des Autors, aber auch eine Frage der Wirkung auf den einzelnen Leser. Da ist jeder ein bisschen anders und nimmt es anders auf.

Und ich kann schon wirklich gut verstehen, dass der ein oder andere Leser gerade an solch einer Figur großen Spaß hat! Denn Lisbeth ist tough und cool (richtiges Wort). Und somit auch mal was anderes! Ebenso in ihrer äußeren Erscheinung. Und das alles sehe ich auch für mich als nicht so uninteressant an, denn sonst würde ich ja nicht in Erwägung ziehen die Hörbücher zu hören. Sonst hätte ich das nach dem reinlesen für mich völlig abgehakt.

Ich bin nur froh über die Entscheidung, da ich ja Silkes Spoiler gelesen habe und weiß, wie solch eine Szene auf mich gewirkt hätte. Ebenso wie auf Doris. Da wäre es für mich auch wirklich eine Überwindung gewesen noch Band 3 zu lesen.

So bin ich jetzt froh, für mich zu wissen, dass die Hörbücher (und der Film) für mich besser geeignet sein werden und auch dass ich nun auf diese eine Szene vorbereitet bin, in der meine Fantasie doch sehr strapziert sein wird.

Und mir geht es genauso wie Dir Binchen: Wieder ein wenig mehr über die Lese-Vorlieben und -Abneigungen des Anderen gelernt. Mich fasziniert das ja auch immer wieder und freue mich über solche Gelegenheiten an denen man dann mehr vom Andern verstehen kann. Du hast das richtig erkannt: Unglaubwürdigkeit (zu große Fantasie ebenfalls) ist bei mir ein Punkt, über den ich ganz schlecht drüber kann. Und Antihelden (oder auch mal Außenseiter) mag ich gerade WEIL sie viel glaubwürdiger sind und so richtig aus dem Leben gegriffen. Sie dürfen für mich sogar ruhig unsympathisch sein, wenn ich nur sehe: Ja, solche Menschen gibt es und hier darf ich mal einen begleiten und mir SEINE Sicht der Dinge anschauen! Die Welt aus seinem Blickwinkel sehen und verstehen. Ich habe aber auch nichts dagegen, wenn mir ein Antiheld oder Außenseiter sympathisch ist. Aber in beiden Fällen muss er für mich glaubhaft sein. Lisbeth ist das für mich nicht, weil sie alle Merkmale eines Außenseiters bekommen hat (auch schon rein äußerlich, damit es auch keiner übersieht!), andererseits aber anscheinend so manche Superhelden-Eigenschaft mit auf den Weg bekommen hat und ach so tough und ach so cool ist. Das hat dann seinen ganz eigenen Reiz, der aber nicht so meiner ist (in Buchform). Und der nicht solch einen Außenseiter oder Antihelden aufzeigt, den ich meine.

Die Szene wie sie ihren Vorgesetzten da angeht hatte schon was. Aber eben nicht allzu viel glaubwürdiges. Deshalb höre ich sie mir lieber im Hörbuch an! ;-)

Ungemein spannend finde ich wie hier die Empfindungen/Meinungen/Eindrücke auseinander gehen. Bzw. schon dasselbe sehen, aber anders beurteilen. Schön, dass es solche Diskussionen gibt! Und ich hätte bei Stieg Larsson damit nie gerechnet, da man - da stimme ich mit Silke überein - eigentlich nur positives über die Trilogie hört (von der Detailverliebtheit und der Markenwerbung absieht - hat ja auch niemand völlig kritiklos die Bände gelesen, sondern einfach nur eine andere Vorliebe dafür). Umso schöner, wie sich das hier entwickelt.

Genau: Ihr anderen, die Ihr Stieg Larsson gelesen ahbt, was sagt Ihr zu alle dem?

Und auch, die Ihr Lisbeth gerne mögt und hier schon was zu den Bänden gesagt habt: Wie steht Ihr zu der gespoilerten Szene über die Silke und Doris beim lesen so gar nicht weggekommen sind? Wie geht Ihr mit solchen Szenen um? Wie gefallen sie Euch?
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Doris » Di 19. Jan 2010, 12:44

Hallo alle miteinander,
liebe Petra und Binchen,

seht ihr, genau das habe ich gemeint.
Außenseiter ja, anders sein ja - aber bitte als Autor nicht immer drauf rumhacken als würde man das als Leser nicht kapieren.
Bei Lisbeth hat man ja nun ziemlich schnell verstanden dass sie anders tickt. Das ist ja auch völlig in Ordnung.
Aber man muss doch dieses Anderssein nicht ausreizen bis zum geht nicht mehr.

Und wieder einmal bin ich froh, dass wir uns alle durch unterschiedliche Geschmäcker auszeichnen. :D

Herzlichst, Doris
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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon steffi » Di 19. Jan 2010, 14:15

Gespannt habe ich hier eure Meinungen zu Lisbet gelesen. Ich kenne ja nur das Hörbuch, davon auch nur den 1. Band (zweiter liegt bereit), mag sein, dass dort Lisbet etwas anders geschildert wird wie im Buch. Die Spoiler habe ich nicht gelesen, weil ich mir noch ein bißchen was aufheben will.

Mir hat Lisbets Figur sehr gut gefallen - ja, sie ist außergewöhnlich, ja, sie ist auch in bestimmten Bereichen (z.B. der Rache an ihrem Betreuer) unglaubwürdig - aber ist für euch ein Massenmörder/Serienkiller etc. glaubwürdiger ? Das Buch ist/soll ja ein Thriller sein, die Geschichte an und für sich sehr lange unspektakulär mit der ganzen Recherche. Ich finde, dass da eine Figur wie Lisbet supergut reinpasst. Mikael ist ja auch eher der Langweiler, dem alles gelingt, warum nicht als Gegenfigur Lisbet als Aussenseiterin, der alles gelingt ?

Unglaubwürdig ist, wenn man es mal realistisch betrachtet die ganze Geschichte, eigentlich für mich jeder Thriller, der nicht grade auf realen Geschichten beruht.

Mich stört dies Unglaubwürdigkeit üebrhaupt nicht, wichtig sind mir Charaktere, die sich entwickeln, über die man näheres erfährt und mit denen man mitfiebern kann. Bei Lisbet kann ich das. Für mich steht bei Verblendung der Gegensatz zwischen der heilen Welt auf der Insel, auch in der Verklärung der Vergangenheit und der brutalen Welt, die die heutige Realität spiegeln soll, im Vordergrund, das machte die Geschichte für mich spannend. Die Thrillerelemente am Ende hätte es für mich gar nicht gebraucht, um ein tolles Buch draus zu machen.
Gruss von Steffi

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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Petra » Di 19. Jan 2010, 16:11

Hallo Doris und Steffi,

Doris, wie ich sehe stimmen wir in unseren Eindrücken und Vorlieben/Abneigungen diesbezüglich überein. Und in noch etwas:

Doris hat geschrieben:Und wieder einmal bin ich froh, dass wir uns alle durch unterschiedliche Geschmäcker auszeichnen. :D


Genau! :D

Steffi, dass Lisbeth im Hörbuch anders beschrieben wird, glaube ich nicht. Es könnte höchtens durch Weglassungen (Kürzungen) ein anderes Bild entstehen als Stieg Larsson ihr zugedacht hat. Auch der Sprecher könnte dem Hörer seine Interpretation mitgeben. Liest man selbst, ist das vielleicht anders. Aber vielmehr glaube ich, dass es eine Sache der Sympathien und des individuellen Geschmacks ist ob man Lisbeth nun mag oder nicht. Und ob einem das zu dick aufgetragen ist oder nicht.

Und natürlich hast Du auch recht, dass so gesehen auch viele andere Bücher (Krimis/Thriller) unglaubwürdig sind. Wobei ich das mit dem Serienmörder nicht so ein gutes Beispiel finde, denn da kommt es ja auch wiederum darauf an, wie der Mörder vom Autor beschrieben wird. Manche sind beklemmend vorstellbar, andere erscheinen einem abwegig. Aber auch hier ist es immer wieder eine sehr individuelle Geschmacksfrage, stelle ich immer wieder fest.

Und bei manchem Autor entschuldigt man mehr (auch Unglaubwürdigkeit) bei manchen weniger. Eben wie es gerade auf einen wirkt. Ich glaube dass es - gerade auch hier im Fall der Stieg Larsson-Bände - sehr individuell ist ob man es mag oder nicht.

Ähnliches ist mir ja mit der Meg Langslow-Reihe passiert. War mir viel zu abgedreht und übertrieben. Charlotte MacLeods Figuren sind auch nicht gerade vorstellbar. Aber ihren Peter Shandy liebe ich. Was mir dort zu viel war, ist mir da gerade recht. Es ist sicher die Mischung die es macht und die ganz persönlichen Vorlieben und Abneigungen - auch einer Romanfigur gegenüber.

Ich würde es mir so erklären.

Und noch eines: Bücher wie die von Stieg Larsson (aber auch viele andere Thriller) kann ich wunderbar als Hörbuch hören, obwohl ich mich beim lesen schwer tue. Weil sie unglaubwürdig oder vorhersehbar sind. Warum das so ist, weiß ich nicht. Aber ich weiß, das geht einigen so. Vielleicht hat es also auch was damit zu tun, dass Du Stieg Larsson gehört und nicht gelesen hast. Oder aber, wie oben erwähnt, dass Du Lisbeth - mit all ihren Überzeichnungen - magst, während andere sie nicht so ins Herz geschlossen haben. Sehr individuell, denke ich.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Binchen » Di 19. Jan 2010, 21:15

Huhu in die Lisbeth-Runde,

liebe Steffi, danke für Deine Worte, so langsam dachte ich schon, ich bin hier plötzlich ganz allein mit Lisbeth, wo doch schon einige begeistert waren.

Und danke auch, dass Du die Realitätsnähe ansprichst, die in den anderen Konsum-Krimis und -Thrillern ja auch nicht gerade augenscheinlich ist. Ich hab ja gehört und gelesen - und finde die Darstellung von Lisbeth in beiden Varianten nicht großartig unterschiedlich. Also kann es m.E. auch nicht nur am Hörbuch liegen, dass Du sie auch mochtest.

Für mich ist Realitätstreue nicht entscheidend, wenn ich ein solches Buch lesen will - ich will gut unterhalten werden. Bei einigen ist die gute Unterhaltung jedoch vorbei, wenn die Realität allzu fern bleibt - diese Gratwanderung muss jeder Autor halt immer wieder bestreiten und mal gewinnt/ mal verliert er - und das kann Stimmungsabhängig sein, am Stil liegen oder an zu hohen Erwartungen.

Was ich aber in letzter Zeit festzustellen glaube, ist, dass unsere Lesezeit knapper wird, bzw. die Erkenntnis bei vielen wächst, dass nicht alles gelesen werden kann. Ich frage mich bei vielen Büchern, ist das was für Petra? oder - wem würde ich das jetzt empfehlen? Und stelle dabei oftmals fest, dass meine Empfehlungen rarer werden. Dass die Vorsortierung - nicht gehaltvoll genug, bei einigen Empfehlungen greift. Allerdings auch - zu gehaltvoll - (anstrengend) bei anderen *g*) Dann wieder bin ich überrascht, dass ein MacBride z.B. dann doch gewinnt, obwohl ich darin dann auch nicht gerade nur Realität finde. Der Ermittler wirkt glaubwürdig, aber anderern Charaktere sind auch stark überzeichnet, die Kettenraucherin z.B. - sooo genau wird das genausowenig in der Praxis umgesetzt vorzufinden sein, wie Grace im Monkeywrench-Team.

Und die Schnelligkeit, die Hörbücher und Film liefern, sorgen dann ja in einigen Fällen doch noch dafür, dass die Figuren dann doch noch bekannt gemacht werden.

Außerdem kann man hier im 4um sicher sein, dass es nicht darum geht jemandem zu sagen - ich finde Dich doof, weil Du das Buch/die Figur magst sondern wirklich um die Figuren/die Geschichte. Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist die Klärung woran es denn liegt wesentlich entspannter zu führen, als in anderen Foren. Und das freut mich an unserer Diskussion auch.
Zuletzt geändert von Binchen am Di 19. Jan 2010, 21:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Martina » Di 19. Jan 2010, 21:27

Hallo Ihr Lieben,

endlich komme ich auch dazu, was zu Stieg Larsson zu schreiben.

Mir hat die Serie ja insgesamt gesehen sehr gefallen. Am besten gefiel mir Band 2, am schlechtesten Band 1. Lisbeth hat mir ausgesprochen gut gefallen. Ich fand sie einfach cool, tough und auch sympathisch. Meine beste Freundin würde sie sicherlich auch nicht werden, aber dennoch fand ich sie konsequent in ihrem Handeln und konnte es auch nachvollziehen.

Überzeichnungen stören mich grundsätzlich eher wenig. Was mich dann eher nervt ist, wenn man jemanden schütteln möchte, weil er/sie z.B. so naiv ist bzw. immer wieder auf jemanden reinfällt o.ä. Mir fallen da Romane ein, bei denen z.B. ein Stalker sein Unwesen treibt und die Prota das nicht oder erst zu spät merkt, obwohl vieles so offensichtlich ist. Da werde ich dann leicht ungeduldig und habe da meine Probleme mit.

Auch mit Unglaubwürdigkeit habe ich überhaupt keine Probleme. Solche Dinge wie zuvor im Spoiler geschrieben wurden, stören mich überhaupt nicht. Dann haben mich eher – wie Binchen auch – diese ständigen Ausflüge und Anspielungen auf die Apple-Welt gestört. Ich fand Lisbeth faszinierend, deshalb hat mir wohl auch Band 2 am besten gefallen. Gerade, weil er größtenteils von Lisbeth handelte und da einige Auflösungen brachte, warum sie so ist wie sie ist. Nach Band 1 war ich sehr enttäuscht, der gefiel mir auch thematisch nicht so. Hätte ich die Trilogie nicht bereits komplett in der HC-Ausführung besessen, so hätte ich wohl nicht weitergelesen. Dadurch dass ich sie aber hatte und gerade im Urlaub war, habe ich dann doch irgendwann zum zweiten gegriffen. Und an dessen Ende war ich heilfroh, dass ich auf Nicole gehört hatte und Band 3 bereits da lag.

Ich kann aber natürlich auch alle gut verstehen, denen Stieg Larsson nicht gefällt. Mir geht es ja auch oft so, dass ich zu von Euch hoch gelobten Büchern keinen Zugang finde. Und wie Ihr schreibt, das ist nun mal Geschmackssache, und es ist ja gut, dass es die unterschiedlichen Geschmäcker gibt. Sonst kämen so schöne Diskussionen wie diese hier ja gar nicht zustande. Und da muss sich doch auch keiner schämen oder scheuen, seinen Geschmack zu äußern. Hauptsache, man lässt auch die anderen Meinungen gelten und akzeptiert, dass jeder Bücher anders empfindet.
Liebe Grüße
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Re: Leseerlebnisse 2010 - Ich lese gerade

Beitragvon Doris » Mi 20. Jan 2010, 08:32

Binchen hat geschrieben:Für mich ist Realitätstreue nicht entscheidend, wenn ich ein solches Buch lesen will - ich will gut unterhalten werden. Bei einigen ist die gute Unterhaltung jedoch vorbei, wenn die Realität allzu fern bleibt - diese Gratwanderung muss jeder Autor halt immer wieder bestreiten und mal gewinnt/ mal verliert er - und das kann Stimmungsabhängig sein, am Stil liegen oder an zu hohen Erwartungen.


Guten Morgen liebe Binchen,

da gebe ich dir in jedem Punkt recht. Realitätstreue muss nicht unbedingt entscheidend sein. Gute Unterhaltung ist wichtig.
Aber wenn sich zuviel von all dem anhäuft dann ist es für mich schwierig weiterzulesen und ich stolpere dann nahezu über jedes Steinchen.
Außerdem ist das Lesen eines Buches, egal welches Genre auch immer, tagesformabhängig bzw. stimmungsabhängig.

Ich liebe kontroverse Diskussionen, nur die bringen uns weiter ;)

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