in einem anderen Thread schrieb Turni von dem Phänomen, dass sie sehr gern historische Romane liest. Aber mit Hörbüchern des Genres Probleme hat. Ich zitiere Turni hier gerade mal:
Turni hat geschrieben:Während ich am liebsten historische Bücher lese, habe ich beim Hören da Schwierigkeiten.
Zu dieser Genre kaufte ich als erstes "Die Löwin" von Iny Lorentz. Ich hätte am Liebsten abgebrochen!
Die Tore der Welt zog sich ellenlang und gelegentlich musste ich einen Track zweimal hören, weil ich den Faden verlor.
Lag es vielleicht an den Hörbüchern oder habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?
Und auf eine ähnliche Sache bin ich gestoßen durch eine Annahme, die NatiFine in einem anderen Thread geäußert hat. Sie beobachtet an mir, dass ich gern (bevorzugt) Thriller höre. Der Grund dafür liegt auch in diesem Thema hier begründet. Deshalb greife ich dieses Beispiel mal hier auf:
Früher habe ich gern Thriller gelesen. Eigentlich ausschließlich, bevor ich die zeitgenössische Literatur und Klassiker für mich entdeckte, die ich inzwischen bevorzugt lese (besonders zeitgenössische Romane). Dann war ich irgendwann erstens übersättigt von den Thrillern. Zweitens waren sie mir oft zu brutal und abstoßend. Das habe ich nervlich nicht mehr verkraftet. Und drittens waren sie mir auch oft zu platt geschrieben. Das fiel mir verstärkt auf, als ich auch andere Bücher anfing zu lesen.
Nach einige Jahren, in denen ich überhaupt keine Thriller mehr las, hatte ich eine schwierige Phase in meinem Leben, in der mein Kopf mit Sorgen und Gedanken übervoll war. Ich konnte mich auf was Gehaltvolles nicht mehr konzentrieren. Und so griff ich erstmalig mal wieder zu einem Thriller. Und habe meinen Spaß daran Stück für Stück wieder entdeckt. Spaß, weil sie einfach bloße Unterhaltung sind (also kein ernstes Thema beinhalten, mit dem ich meinen Kopf zusätzlich belasten muss), und zudem spannend sind. Andere pure Unterhaltungsromane haben oft das Thema Liebe oder Frauenprobleme zum Thema. Die liegen mir nicht.
So fing ich also wieder an Thriller zu lesen (um überhaupt was lesen zu können) und fand neue Freude daran. Dann ging es mir irgendwann wieder besser und ich konnte mich (zum Glück) wieder auf Gehaltvolles konzentrieren. So las ich wieder weniger Bücher des Genres Thriller. Und es fällt mir mittlerweile auch wieder schwer sie (gelesen) zu genießen. Da ist wieder die oft platte Sprache. Und das zu wenig Gehaltvolle. So wurden es wieder weniger Thriller die ich las. Und wenn dann nur ausgewählte. Das konnte ich mir beibehalten.
Was ich aber dann feststellte (weil mich der ein oder andere Thriller dann schon interessierte - da ich mich länger ja wieder mit dem Genre beschäftigt hatte) war, dass ich dieses Genre viel besser hören anstatt lesen konnte. Platte Sprache verzeihe ich Gehörtem viel eher als Gelesenem. Das ist EIN Grund, warum ich gern und oft Thriller höre.
Es gibt aber zwei ganz wichtige andere Gründe, warum ich z. B. lieber Thriller HÖRE und anspruchsvolleres lieber lese.
Erstens sind mir viele Bücher zu schade zum hören. Denn so gerne ich höre, es ist für mich nur die zweite Wahl. Wenn ich freie Zeit habe, greife ich immer zum Buch. Hörzeit ist die Zeit, in der ich nicht zum Buch greifen kann (im Bad, auf Fußwegen, bei Tätigkeiten im Haushalt). Lesen genieße ich noch ein Stück mehr als hören. Und so sind mir einige wirklich vielversprechende Bücher zu schade zum hören. Ich möchte sie lieber lesen. Welche mir oft nicht zu schade zum hören sind, sind Thriller. Oder humorige Sachen (ich würde z. B. nie Tommy Jaud lesen. Gehört - gesprochen von Christoph Maria Herbst - macht das richtig Spaß! Ich weiß, würde ich das lesen, wäre es mir zu platt. Ich hätte da keine große Freude dran und würde meine kostbare Lesezeit als verschwendet betrachten.
Und zweitens ist für mich lesen immer ein viel intensiveres Erlebnis als hören. Die Figuren kommen mir näher. Es bauen sich deutlichere Bilder und vor allem Gefühle auf. Und die möchte ich bei den Büchern, die für mich wirklich vielversprechend sind, nicht missen. Und ich weiß, beim Hörbuch wären sie wahrscheinlich deutlich dumpfer.
So höre ich ganz andere Dinge als ich lese. Zwar lese ich hin und wieder auch einen Thriller. Aber lieber anderes. So waren dies Jahr als Buch z. B. William Somerset Maugham mit "Der bunte Schleier" oder Brian Moore mit "Die einsame Passion der Judith Hearne" dran. Oder Gerard Donovans "Winter in Maine", Leon de Winters "Das Recht auf Rückkehr". Und im Moment Anna Katharina Hahn mit "Kürzere Tage". Während ich viele Thriller gehört habe (Stieg Larsson "Verblendung", Gillian Flynn "Finstere Orte", Joy Fielding "Im Koma", Andreas Föhr "Der Prinzessinnenmörder" und Mo Hayder "Die Behandlung"...). Bis auf zwei Gehaltvolle Hörbücher (Albert Camus "Der Fall" und Friedrich Dürrenmatt "Der Besuch der alten Dame") war da dies Jahr noch nichts Gehaltvolles bei.
Eine weitere Sache, die für mich einen Unterschied in der Wahl meiner Bücher und Hörbücher hervorruft ist die Tatsache, dass ich nebenbei höre. Also nie in Ruhe im Sitzen. Denn so drückt es sich nicht so leicht auf die Stop-Taste. Wenn ich aber sitze und lese, dann kann ich innehalten. Das ist wichtig, z. B. bei einem Stoff wie dem von Camus. Da merke ich dann schon wieder, dass ich es schade finde, dass der Sprecher mich in seinem Tempo durch das Hörbuch zieht und ich nicht ausreichend über den Stoff nachdenke. Deshalb gebe ich bei solchen Dingen oft und gern dem Buch den Vortritt.
Allerdings möchte ich in diesem Jahr versuchen anders zu hören. Der erste Schritt ist (war), dass ich meine Hörlust ziemlich verloren hatte. Was oft an Pflicht-Hörbüchern (wegen zu schreibender Rezensionen) lag. Das habe ich schon gut geschafft. Ich höre nach Lust und Laune, einfaches, unterhaltsames. Meine Hörlaune ist zurückgekehrt! Somit kann ich den zweiten Schritt in Angriff nehmen. Mir ist im letzten (und auch schon im vorletzen) Jahr aufgefallen, dass ich keine Highlights gehört habe. Das finde ich schade. Und das hatte mich auch zum nachdenken gebracht. Der Grund dafür liegt gewiss daran, dass ich den (für mich) vielversprechendsten Titeln als Buch den Vortritt lasse. So höre ich nur das, das mich nur zweitrangig interessiert als Hörbuch, da mir dafür die Lesezeit fehlt, bzw. zu kostbar ist.
Mittlerweile versuche ich realistischer zu unterscheiden. Denn ich weiß, dass meine Lesezeit nie für alles ausreichen wird, was ich aber gern lesen möchte. So versuche ich die Zügel mal lockerer zu lassen und mich manchmal dann doch fürs Hörbuch zu entscheiden. Erste Versuche zeichnen sich in meinen Einkäufen der letzten Tage ab. Da finden sich einige Gehaltvollere Hörbücher wieder. Auf die ich so richtig Lust habe. D. h. es könnte sein, dass ich demnächst auch wieder vielfältiger hören kann und werde und dann vielleicht auch noch mehr Hörlust zurück kommt - bzw. auch mal wieder richtige Highlights darunter sind.
Soviel mal dazu.
Dann noch: Ich kann einige Genres nicht lesen. Dazu gehören historische Romane und Fantasy/Science Fiction. Mir fehlt dafür wohl die nötige Fantasie. Interessanter Weise klappt das besser beim hören. Und so höre ich (wenn ich denn mal zu diesen Genres greife) eher Titel aus den Genres, als dass ich sie lese. Das ist also auch dann eine bewusste Entscheidung.
So, und nun bin ich gespannt, welche Genres Ihr lieber lest und welche Ihr lieber hört. Und warum das bei Euch so ist.
Und vielleicht könnt Ihr aus meinen Unterscheidungen, was ich eher lese und was ich eher höre, für Euch auch Gründe finden, warum Ihr mit dem ein oder anderen Gerne bessser per Buch oder eben besser per Hörbuch klar kommt. Und vielleicht hat auch jemand konkrete Antworten für Turnis Phänomen?
Ich bin gespannt!
Edit: Mir ist noch ein wichtiger Punkt eingefallen, der mich oft hindert ein für mich wirklich richtig interessantes Buch als Hörbuch zu hören: Kürzungen. Die richtig interessanten Bücher möchte ich unbedingt in der vollen Länge kennenlernen. Wenn ich mir schon mal überlege mangels Lesezeit bei dem ein oder anderen doch alternativ zum Hörbuch zu greifen und ich entdecke dass es gekürzt ist, dann lasse ich da dann doch oft die Finger von. (So habe ich z. B. ewig gebraucht mich nun doch fürs Hörbuch von Sibylle Lewitscharoffs "Apostoloff" zu entscheiden. Denn es ist gekürzt. Eigentlich möchte ich solch ein vielversprechendes Buch in ganzer Länge kennenlernen. Hier konnte mich aber dann nun letztendlich doch das Hörbuch überzeugen, da die Hörprobe so klasse ist. Sibylle Lewitscharoff liest selbst - und das phänomenal gut! Der Sprecher kann auch schon mal ein Grund sein, warum ich ein wirklich vielversprechendes Buch doch nicht hören, sondern unbedingt wenn lesen möchte. Denn wenn mir der nicht 100% passend erscheint, nehme ich Abstand vom Hörbuch für solche mir am Herzen liegenden Titel. Bei Thrillern (oder anderen Genres der bloßen Unterhaltung) kann ich Kürzungen viel besser hinnehmen. Finde sie manchmal sogar angenehm.