Tana French: Sterbenskalt

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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Binchen » Mi 5. Jan 2011, 08:45

Willkommen im Club liebe Petra,

ich wünsche Dir auch genügend Lesezeit um dieses schöne Buch zu genießen, wie ich gerade schon schrieb, klaue ich mir gerade auch Zeiten, die ich sonst nicht so oft nutze, außer ich kann schon mal nicht wirklich schlafen. Aber das ist eher selten der Fall.

Kapitel 1


Schön, wie Du seinen Besuch bei Olivia auch siehst. Er ist schon ein Frechdachs - unverschämt - aber eben auch Frank und Hollys Daddy.
Ich finde seine Überlegungen zu Ihrem Neuen so amüsant, weil ich dieses Revierverhalten um mich herum auch öfter mit solchen Kleinigkeiten gewürzt sehe. Namen sind da auch schon mal wichtig, eben die Kleinigkeiten, die Tana French auch einbaut.

Viel Spaß beim Weiterlesen - und - Berichten

bis spätestens heute Abend denn - hier?
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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Martina » Mi 5. Jan 2011, 13:36

Liebe Petra,

wie schön, dass Du jetzt auch den passenden Lesespaß gefunden hast. Und durch Deine Krankheit müsstest Du ja auch etwas mehr Lesezeit haben als sonst. Da passt doch dieses Buch wunderbar.

Ja, Du hast Recht, Lesezeit am Stück ist mir sehr wichtig. Ich freue mich darüber, dass ich sie mir genommen habe für dieses gute Buch. Danke Dir auch für die guten Wünschen zum Arbeitsstart 2011. Ich bemühe mich. ;)

Mir hat auch sehr gut gefallen, dass Frank genauso blieb, wie man ihn aus den vorherigen Büchern kannte. Und trotzdem fand ich ihn jetzt zuweilen liebenswert, weil ich die Hintergründe kennenlernen durfte. Meine Sicht auf ihn hat sich doch deutlich verändert.

Liebes Binchen,

Du rast ja nun auch dadurch. :P Es macht aber auch wirklich Spaß, Frank und seine Familie zu beobachten und seinen Ermittlungen beizuwohnen.

Auf das Hörbuch bin ich auch gespannt. Ups, in der Hörbücher hatte ich es beim Überfliegen gar nicht gesehen. Naja, wäre ja nicht das erste Mal, dass wird unterschiedlicher Meinung sind. Ärgern tut es mich trotzdem.

Denn dieses Buch war für mich ein absolutes Highlight! :)

Ich bin weiter gespannt auf Eure Kommentare und Vermutungen zum Täter. Ich hatte sehr viele verschiedene Personen in Verdacht, bevor klar war, wer es gewesen ist.
Liebe Grüße
Martina
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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Petra » Mi 5. Jan 2011, 16:18

Hallo Ihr Lieben,

ja, durch meine Krankheit habe ich eigentlich mehr Lesezeit. Aber ich stelle auch immer wieder fest, dass ich am besten mit dem Lesen weiterkomme, wenn ich meine festen Lesezeiten habe. Also wenn ich arbeiten gehe! ;-) (Merke ich auch immer wenn ich Urlaub habe.)

Wie auch immer, ich habe nun das 2. Kapitel hinter mir und befinde mich auf Seite 60.

Erst mal noch zur Rezension in der hörBücher. Kritisiert wird es dort ja ausschließlich wegen des Sprechers. Dietmar Wunder soll ja die Raubein-Stimme haben, die einerseits wohl gut zu Frank passt (so raubeinig habe ich ihn allerdings nicht vor meinem geistigen Auge. Eher sticht für mich seine Frechheit/Unverschämtheit hervor, die Binchen hier auch erwähnte), andererseits aber nicht mal in den Szenen abgelegt wird, wo Frank ganz normale Dinge verrichtet (kochen etc.). Und das muss wohl lächerlich wirken. Ich kann mir fast denken, dass sie recht haben könnten. Denn Dietmar Wunder liest ja auch Don Winslows "Pacific Private". Dort passt es, zu dem coolen Surfer-Slang. Und zu Boone. Coolness ist dort stets Pflicht. Da passt Dietmar Wunders Stimme perfekt! Aber ob das für "Sterbenskalt" auch so passt, falls er es wirklich nonstop so durchzieht?

Aber das können wir dann - jede für sich - im Anschluss an das Buch ja herausfinden.

Zu Frank empfinde ich es auch wie Du, Martina: Sein Hintergrund erklärt einem, warum er so ist wie er ist. Und mit den Augen kann ich ihn auch besser in "Totengleich" rückblickend verstehen. Wenn ich auch weiterhin sein Verhalten da teils abstoßend finde. Aber das gehört zu seiner Person, zu seiner Geschichte. Das versteht man dann besser.

Kapitel 1:

Richtig Binchen, Tana French baut dieses Revier-Verhalten gut ein, indem sie Frank den Namen von Olivias Lover so entstellt. Und jetzt wo Du es sagst, fällt mir da aus Deinem Leben da auch das ein oder andere Beispiel ein, wo Du sowas in der Männerwelt schon beobachtet hast. Hattest Du mir ja schon mal erzählt. Somit, fein von Tana French beobachtet!

Kapitel 2:

So, jetzt kenne ich Franks Familie. Und in Groben Zügen seine Vergangenheit. Die Geschwister von Frank sind ja nicht gerade sympathisch. Die Mutter und der Vater erst recht nicht. Das Frank sich da nicht gern blicken lässt, kann ich nur zu gut verstehen! Mal sehen, wie sie sich noch entwickeln. Mit Kevin scheint er ja am ehesten verbunden, neben Jackie.

Und nun weiß ich auch, dass tatsächlich die Sache mit Rosie Schuld war, dass Frank sich nie richtig auf eine andere Beziehung hat einlassen können. Ich kann das gut nachvollziehen. Und ich bin gespannt, ob er für sich noch ein bisschen Heilung erfährt. Ich würde es ihm wünschen. Ein Lebenlang der Vergangenheit nachtrauern, ist schlimm.

Schön, dass wir uns hier über das Buch austauschen können. Ich lese es auch sehr gern. Wenn ich jetzt auch noch nichts über die Rangfolge sagen kann, in der ich persönlich die 3 Bücher sehe. Aber das wäre ja auch noch etwas früh. Sie sind halt alle drei anders. Jedes steht für sich. Und das ist ja auch das Besondere an Tana French.

Martina, gut, dass Du dich versuchst dran zu halten, Dich nicht so schnell stressen zu lassen auf der Arbeit! :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Binchen » Do 6. Jan 2011, 08:45

Kapitel 19/20

Bitte liebe Martina und/oder liebe Rachel oder wer, der es gelesen hat, lest meinen Spoiler und antwortet mir

Spoiler

Frank deutet nach dem Gespräch mit Holly, bei dem beschlossen wird, dass sie am Sonntag zu seinen Eltern fahren um den schönen Sonntag zu erleben an, dass er hätte ahnen müssen, dass was mit Holly passiert -

Bitte sagt mir, dass sie nicht umkommt - bitte - oder sagt mir was dazu - bitte - ich mag hier einfach nicht vorblättern, möchte das aber so gerne wissen

Spoiler Ende

Das Streitgespräch zwischen LIV und Frank in der Küche ist herrlich - und natürlich so wahr - Streit provozieren - ich fass es nicht, dass Typen wirklich so ticken, ich kenne zwar so jemanden recht gut, aber ich dachte nicht, dass es Menschen gibt, die sowas wirklich planen ... ts

Das Gespräch mit Holly zur guten Nacht - Frank ist doch ein cooler Daddy *seufz*
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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Martina » Do 6. Jan 2011, 11:25

Liebes Binchen,

mach Dir keine Sorgen!!!

Spoiler

Holliy stirbt nicht! Keine Panik! Ich denke, er meint, was der Umgang seiner Familienmitglieder miteinander mit Holly anrichtet.

Spoiler Ende

Frank ist und bleib ein cooler Daddy.

Und zum Thema Streit provozieren. Es gibt leider Leute, die ohne Streit nicht glücklich sind und diesen auch in einer Beziehung ständig provozieren. Sie meinen sogar auch, dass eine Beziehung nicht glücklich sein kann, wenn es nicht häufig richtig kracht. Das kann ich gar nicht nachvollziehen. Ich brauche eine harmonische Beziehung. Was ja nicht heißt, das man deshalb keine Meinungsverschiedenheiten haben darf und ausräumen bzw. sich damit arrangieren kann.

Aber auch hier wieder schön, wie Tana French das umsetzt. Einfach klasse und glaubwürdig.
Liebe Grüße
Martina
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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Petra » Do 6. Jan 2011, 11:54

Hallo zusammen,

ich habe gestern noch einiges gelesen. Nun mal zu meinen Eindrücken. Allgemein kann und möchte ich sagen, dass ich mich sehr gut unterhalten fühle und in Faithful Place gut eintauche. Ein Ranking kann ich weiterhin nicht erstellen. Für mich haben zur Zeit noch alle 3 Bände ihren ganz eigenen Reiz. Mal sehen, wie das abschließend sein wird, oder ob es sich zwischendurch mal abzeichnet.

Kapitel 3:

Eine Mischung aus Rückblende - der Tag vor Rosies Verschwinden. Franks letzte Szene mit ihr. Und der Besuch bei den Dalys, um ihnen von dem Fund des Koffers zu erzählen.

Die Rückblende ist, wie man es aus Tana Frenchs Prologen kennt, blumig und üppig erzählt. Sie mag Figuren, die etwas jugendliches oder kindliches haben. Das schmückt sie gern aus. Das kann sie. Sie erzeugt immer so einen Hauch von Unwirklichkeit, so dass man merkt, dass das Szenen aus der Vergangenheit sind.

Sie greift das Thema Kindheit und kindlich sein auch in der Gegenwart auf. Wenn die erwachsenen Mackey-Kinder auf der Treppe hocken und sich in ihre Jugend zurück versetzt fühlen (in Kapitel 2). Tana French spielt mit diesen Dingen gern - auch schon in den vorherigen Bänden. Das macht sie auch immer sehr treffend. Und es ist etwas für ihre Bücher typisches.

Für mich mischt sich in die Authentizität an den Stellen aber auch immer was leicht märchenhaftes. Das stört mich nicht - überhaupt nicht. Zumal es auch so bildhaft beschrieben ist und etwas im Leser auslöst. Aber da Du, liebes Binchen schriebst, dass Dir ihre Szenen immer so glaubhaft erscheinen, wollte ich meine Sichtweise darauf hier schildern.

Sie kann einfach diese Bilder sehr stark zeichnen und heraufbeschwören. Sie spielt mit Elementen unserer Kindheiten, und lässt uns sagen: Ja, so ist es! Aber beim näheren Hinsehen finde ich die Szenen auch verklärt. Nicht in dem Sinne, das in den Kindheiten dort alles rosig wäre. Ist es ja nicht. Aber im Sinne der Erinnerungsbilder. Die Frische, das drum herum. Aber genau das macht es bei ihr aus, finde ich. Denn dadurch ist es intensiv. Und bei mir eine Mischung zwischen authentisch und märchenhaft verklärt. Wir Erinnerungen halt oft sind.

Was Frank und die harte Schale und Männer im Allgemeinen angeht, so verstehe ich was Du meinst, liebes Binchen. Männer tragen ja gern diese raue Schale zur Schau. Und man könnte vermuten, da ist kein weicher Kern drunter. Keine so starken Emotionen. Da die Männer das oft verstecken. Aber das ist glaube ich ein Trugschluss. Die Männer sind emotional wohl oft einfach undercover! ;-)

Ich selbst habe Männer schon erlebt, deren harte Schale aufgeplatzt ist. Und die vollen Emotionen herausbrachen. Emotionen, zu denen wir Frauen auch in der Lage sind. Nur zeigen wir es öfter. Somit ist Frank sowieso mit seinen starken Gefühlen für Rosie glaubhaft. Ich verstehe aber auch, dass es für Dich nicht so selbstverständlich ist, ihm das abzunehmen. Und dass Du umso überraschter bist, warum Du es Tana French glaubst, wenn sie von Franks Innenleben erzähltst.

Binchen hat geschrieben:Bisher habe ich oftmals Männern diese heftigen Gefühle abgesprochen, ihnen diese nicht zugetraut - Frank, der mit der harten Schale und den Sprüchen, dem glaube ich sie - wie macht Tana French es, dass es mir nicht so unglaubwürdig vorkommt, wie z.B. in der Landkarte der Zeit?


Zwischen diesen beiden Büchern würde ich nie versuchen Parallelen zu ziehen. Denn Felix J. Palma hat in "Die Landkarte der Zeit" alles übertrieben. Für mich war seine Geschichte an keiner Stelle ernst zu nehmen. Dass somit die überbordenden Gefühle des Protagonisten nicht so glaubhaft erscheinen, gehört für mich zum Bild. Palma überspitzt seine Szenen absichtlich und diese Brise zu viel macht für mich genau den Charme darin aus. Ein Heidenspaß - den hingegen Tana French gar nicht liefern möchte. Ein sattes Bild - ja. Aber schon möchte sie ihre Geschichte auch ernstgenommen sehen. Auch sie überzeichnet gern mal - siehe meine Ausführungen zu den Rückblenden oder dem inneren Kind in Erwachsenen. Aber nicht um etwas ad absurdum zu führen, sondern um die Atmosphäre zu verdichten. Deshalb ergibt sich für mich von allein, dass die Szenen und Figuren glaubhafter sind. Wie gesagt: versuchen sie zu vergleichen würde ich gar nicht.

Also streiche ich aus meiner Antwort auf Deine Frage "Die Landkarte der Zeit" und hoffe, dass ich meine Eindrücke, warum Tana French immer so intensive, und doch irgendwie glaubhafte Bilder zeichnet, sich aus meinen Ausführungen zu ihren Stilmitteln und Eigenheiten gut zum Ausdruck habe bringen können.

Zu der Szene bei den Dalys: Franks Trick mit Fifi fand ich einfach genail! Und auch wieder so glaubhaft geschildert. Toll! :mrgreen:

Kapitel 4:

Das Wiedersehen mit Mandy. Das war auch wieder sehr gut getroffen. Und was mit Imelda los ist, frage ich mich auch. Irgendwas muss die beiden ja voneinander entfernt haben. Ob es was mit Rosie zu tun hat? Es deutet nichts darauf hin. Aber als geübte Krimi-Leser vermuten wir das natürlich trotzdem, nicht wahr, Binchen? ;)

PS: Ich spreche extra nur Binchen an, da sie ja die Beiträge zu den einzelnen Kapiteln eröffnet und jeweils was dazu geschrieben hat. Falls jemand anderes einhaken möchte, so freue ich mich natürlich! Fühlt Euch also bitte alle angesprochen! :-)

Kapitel 5:

Ja, die Szenen mit Kevin fand ich auch gut geschildert. Und für einen Krimi-Leser auch ein bisschen amüsant, wie er ihn insgeheim (natürlich nur im Scherz) als Team-Mitglied betrachtet. ;-)

Und die Szenen in Haus Nr. 16 sind schaurig. Das zerfallene Haus ist sehr gut geschildert. Auch dass es in Franks Jugend Umschlagplatz für alles möglich war: Alkohol, Drogen, Sex. Und wie er sich über diesen Reiz mit Kevin streitet, der darin nur Langeweile sieht.

Da sind wir wieder bei dem Thema Kindheit. Darin kennt Tana French sich aus. Somit kann man sich auch diese Szenen wieder sehr gut vorstellen und ausmalen - ja, sogar spüren. Das ist ihre Stärke.

Dein Frank McCourt-Feeling kann ich hier natürlich nicht beurteilen. Aber ich kann mir schon gut vorstellen, dass viele der hier gezeichneten Bilder auch in Frank McCourts Roman so ähnlich sind. Zum einen glaube ich, dass es einfach typisch Irland ist. Allein schon, weil "Die Asche meiner Mutter" ja autobiografisch ist. Andererseits wird man auch das Gefühl manchmal nicht los, Klischees aufgezeigt zu bekommen, wenn Tana French diese Bilder hier benutzt. Aber ich finde klischeehafte Schilderungen oft nicht so negativ wie andere. Denn für mich liegt in jedem Klischee auch viel Wahrheit. Und oft ist es einfach realistischer das Klischee zu bedienen, als unbedingt eine konträre Schilderung anzustreben. Zumal das manchmal gestellter und bemühter wirkt, als das Klischee selbst. Das ist ein bisschen ähnlich wie die Bekannten, die damals (in meiner Jugend und meinem beginnenden Erwachsenenleben) unbedingt nicht spießig sein wollten. Sie waren so bemüht anders, dass es viel weniger mit dem eigenen Willen zu tun hatte, als das, was der vermeidliche Spießer tat. Ein vermeidlicher Spießer hat sich vielleicht einfach ein normales Leben gewünscht. Die Rebellen haben möglichst alles anders gemacht, ohne zu hinterfragen, ob dieses Andere unbedingt das ist, was sie wirklich wollen. Hauptsache es ist anders. Und wenn ich heute schaue, leben diese Menschen meist am allerspießigsten. ;-)

Deshalb habe ich manchmal lieber das ein oder andere Klischee.

Für mich zeigt Tana French immer, dass sie nicht einfach gedankenlos schreibt, wie sie meint, wie die Welt aussieht. Sondern manchmal blitzt auf, wie wachsam sie ist. In Details. Z. B. dass sie nie vergisst, dass Frank von der Undercover-Abteilung ist. Dass ein Kollege (auch aus einem anderen Dezernat) ihn absichtlich nicht erkennt, weil man ja nie wissen kann, ob er gerade im Einsatz ist. Für solche wachen Details mag ich sie ungemein. Das gibt dem Leser das Vertrauen, hier was Echtes zu bekommen und somit das Klischee auch viel Wahrheit ist. Denn das, was bei Dir das Frank McCourt-Feeling ist, ist bei mir der gelegentliche Gedanke: Na, ist das nicht etwas klischeehaft? Denn man erkennt in der Schilderung das, was man vom Leben in Irland allzu oft erzählt bekommt. Vielleicht bekommt man es aber genau deshalb so oft erzählt, weil es einfach so ist. Wissen kann ich das natürlich nicht. Aber wie gesagt, Frank McCourt traue ich da schon eine ziemlich realistische Schilderung zu. Er erzählt schließlich von dem, was er selbst erlebt hat, was er selbst um sich herum gesehen hat.

Kapitel 6:

Hier tritt also Rocky auf. Ich hatte schon in einem anderen Thread gelesen, dass Du, Binchen, ihn als nächsten Protagonisten bei Tana French vermutest. Das könnte auf den ersten Blick definitiv so sein. Das würde passen: Vom Charakter her. Und von seinem Tätigkeitsfeld her. Und Morddezernat fände ich persönlich auch mal reizvoll. Wieder etwas normaler als Undercover oder Familiengeheimnis. Gut dass Tana French sich selbst nie abnutzt. So sehr man ihre Figuren auch später vermisst. Es ist gut, dass sie sie nicht wieder und wieder auftreten lässt. Sie verhindert, dass sie sich abnutzen. Und sie gibt dem Leser somit immer was Neues und was Gewohntes (ihren unverkennbaren Erzählstil).

Die Schilderung von Franks und Rockys gemeinsame Ausbildung und das gegenseitige Übertrumpfen ist amüsant. Man hat bei Tana French oft so ein verschmitztes Lächeln im Gesicht. ;)

Und nun mal sehen, was Kapitel 6 noch so bringt.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Binchen » Do 6. Jan 2011, 14:01

Danke liebe Martina,

darauf bin ich so nicht gekommen, für mich las es sich noch bedrohlicher, aber so ist es natürlich ggf. auch schlimm genug, wenn man sich Franks Existenz so vor Augen führt - DANKE - so kann ich aber weniger hektisch weiterlesen. (noch ca. 150 Seiten hechel)

Wow - liebe Petra - was Du da alles hervorzauberst ist toll.

Zum Begriff des 'Echten' ' Authentischen' - zum Märchenhaft verklärten - da scheint sich Dein Realismus mit meiner Traumwelt zu kabbeln. Denn so märchenhaft (leicht - ok ich versteh schon) hab ich das bisher nicht gesehen, aber nun, wo Du es sagst, erkenne ich es.

Tana French hat z.B. mit den 'Kindern' auf der Treppe genau das Gefühl erzeugt, das mich auch manchmal überfällt, wenn ich zu meiner Mum nach Hause komme. Denn dort fühlte ich mich manchmal wieder in die Kindheit zurückversetzt. In letzter Zeit weniger, weil meine Mum wirklich alt wird, aber früher schon - wenn Du nach Haus kommst, bist Du wieder Kind. Und das zeigt sie u.a. mit dem Bild der Kinder auf der Treppe.

Andererseits wird damit auch ein Grund so klar, warum Frank nicht nach Hause will, denn dort ist wieder die Spur Machtlosigkeit von früher spürbar. Als Kind kann man sich halt nur schwer gegen Eltern wehren. Eine Spur davon, dass es doch geht, blickt bei Holly m.E. schon durch und daran erinnert sich Frank ja auch, das muss sie von ihm haben, glaubt er.

Ja - Fifi - die ist schon eine gute Seele, finde ich auch *g*

Ich bin schon gespannt, liebe Petra, wie es Dir weiter mit unseren Familienmitgliedern gehen wird.

Gerade hat Tana French meinen Verdächtigen ja so sehr in den Vordergrund gerückt, dass ich es nun kaum mehr glauben kann, dass er es wirklich gewesen sein soll - nun komme ich zu dem Schluss, es könnte ja auch .... Spoiler - Daddy - Spoiler-Ende gewesen sein.

Mal abwarten ... denn darum geht es nicht wirklich, das ist ja nur ein Nebenkriegsschauplatz
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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Martina » Do 6. Jan 2011, 14:38

Hallo zusammen,

liebes Binchen, es wäre doch wirklich zu schade, wenn Du hektisch weiterlesen müsstest, um zu erfahren. ob Deine Befürchtungen wahr werden. so kannst Du doch viel besser geniessen. Auf Deine Idee bin ich übrigens nicht gekommen. Da wollte ich wahrscheinlich nicht dran denken.

Das Gefühl in Gegenwart meiner Eltern wieder Kind zu sein, kenne ich auch. Aber mehr deshalb, weil sie mich jetzt, wenn ich mal dort bin, verwöhnen möchten. Dadurch, dass meine Eltern umgezogen sind, nachdem ich ausgezogen bin, komme ich nicht in die Umgebung meiner Kindheit zurück.

Frank kann sich ja schlecht gegen seine Familie wehren. Die ganze Stimmung in der Familie, der Umgang miteinander usw. Es fällt ihm ja schon schwer, wieder zurückzukommen. Und ohne Zwang hätte er das sicher nicht getan.

Deine Vermutungen bezüglich der Täter hatte ich auch so. ;)

Liebe Petra, ich finde es verblüffend, was Du alles herausliest. Ich lese doch völlig anders als Du, das merke ich immer wieder. Wobei das jetzt keine Wertung sein soll, sondern nur eine Feststellung wie unterschiedlich die eigenen Empfindungen und Herangehensweisen sind. Ich finde das total spannend, wie Du liest und den Stil empfindest. Du kannst das so toll in Worte fassen. Ich kann bestenfalls erkennen, was das in mir auslöst bzw. wie das für mich rüberkommt, aber überhaupt nicht warum.

Danke Dir für Deine Ausführungen. Die bereichern mich unheimlich, und ich verstehe im Nachhinein manche Dinge noch besser.
Liebe Grüße
Martina
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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Petra » Do 6. Jan 2011, 16:14

Hallo zusammen,

schön, dass meine Gedanken auch Euch bereichern. Das freut mich.

Ja, Martina, Du hast recht. Jeder liest unterschiedlich. Stelle ich auch oft fest. Und finde es auch oft bereichernd, die Sicht anderer auf Bücher miterleben zu können durch unseren Austausch hier im Forum.

Bei Tana French sticht es mir bei diesem Band so sehr ins Auge, weil sie auch in den vorherigen (eigentlich ja wirklich anderen) Bänden auch it diesen Elementen spielt. Das ist für mich so charakteristisch für sie, dass es mich einfach beim lesen anspringt. Denn eigentlich lese ich Thriller und Krimis auch oft viel mehr runter, als andere Bücher. Aber in ihrem Fall ist es für mich so augenscheinlich. Schön, dass Ihr mit meinen Gedanken auch was anfangen könnt. :-)

So auch, dass Du, liebes Binchen, verstehst, was ich mit märchenhaft in diesem Zusammenhang meinte, der sich in den Realismus mischt, den sie hier ja auch durchaus bedient. Ich denke sie benutzt das als Stilmittel für Vergangenheits-Szenen. Ich versuche es mal näher zu erklären, was ich damit genau meine:

Das Märchenhafte ist in ihren Büchern ja immer auch ein schönes Stilmittel, um einen Ausflug in die Vergangenheit kenntlich zu machen. Im Jetzt schreibt Tana French realistischer. Die Vergangenheit bekommt für mich immer so einen Schleier des Verklärten. Das ist für mich aber auch ein schöner Übergang, der hier die Vergangenheits-Szenen ein bisschen abtrennt von den Gegenwarts-Szenen.

Und das Eintreten in diese vergangene Zeit/Welt (Kindheit), hat ja auch immer was märchenhaftes, verklärtes, oder auch einfach nur leicht Unreales. Wie es Dir auch oft ging, Binchen: Du kehrst in Dein Elternhaus ein und eine Welle von Gefühlen überrollt Dich. Überbordend, wie auch bei Tana French. Kleinigkeiten, wie das hocken auf der Treppe, versetzen einen in eine (für einen selbst) magische, vergangene Zeit. Magisch, gerade weil selbst erlebt, aber so fern. Halt vergangen. Nochmal darin so plötzlich einzutauchen, ist an sich schon magisch. Somit finde ich es sehr passend, wie Tana French diese Szenen ausarbeitet.

Wie einen durch kleine Auslöser (bei mir z. B. eine Etagere, die meine Oma an Silvester immer mit Süßigkeiten füllte) Gefühlswelten ereilen und sich Bilder heraufbeschwören, hinter einem Nebel (da vergangen), aber doch so klar, intensiv und greifbar, das kann Tana French meisterhaft aufbauen.

Die Kindheit, das Kind sein, ist schon ein Steckenpferd der Autorin. Ich denke auch oft, dass selbst so etwas in ihr stecken muss: Das Bedürfnis, noch mal ungestüm und unbedarft zu sein, wie ein Kind. Sie zeichnet ihren Figuren so etwas nun schon zum dritten Mal in ihr Wesen. Rob und Cassey, in Band eins. Mit ihrer jugendhaften Freundschaft. Und Robs Rückblenden. In Band zwei bei Cassey und der WG. Und jetzt bei Frank, der sich – hier mal auf unangenehme Weise – in seine Jugend zurückversetzt fühlt. Das sprang mich somit sofort an, weil es mir - in anderen Formen - aus ihren vorherigen Bänden direkt so bekannt vorkam.

Ja, Frank kehrt ungern in seine Vergangenheit zurück. Und bei der Familie kann man es auch verstehen. Für mich auch mal interessant, in so eine unangenehme Familie mit einer Figur gemeinsam zurück zu kehren. Denn meine Kindheit war anders - ich mache gerne Ausflüge dorthin zurück. Und kann oft nicht ganz nachvollziehen, warum andere Menschen nicht gern jeden Moment mit ihren Familien auskosten. Dabei ist es natürlich total verständlich, wenn man als Kind so hilflos und wehrlos so viel ausschließlich Schlechtes miterleben musste.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tana French: Sterbenskalt

Beitragvon Binchen » Fr 7. Jan 2011, 08:32

Heute Morgen 4:30 Uhr - und an Schlaf war nicht zu denken, und bevor mir die Bytes, die ich gleich noch verbiegen soll die Gedanken vermiesen konnten, hab ich mein Buch geschnappt und ausgelesen.


Petraspoiler - erst lesen, wenn Du fertig bist - bitte

Ich bin so gespannt, wie Du das Brudergespräch sehen wirst

EndeSpoiler


Kapitel 20


Das war ja ein unwirkliches Weihnachtsvorbereitungsfest ... - Die Stimmung zum Durchschneiden ...

Spoiler
Gespräch zwischen Shay und Holly

Die Kleine ist echt Pappas Tochter - cool, wie sie sich vorbereitet hat - ist das Realistisch? Ich denke schon ...

Endespoiler


ENDE

Ja ich hab es genossen, Sterbenskalt ist für mich unbestreitbar der beste der drei Romane von Tana French -

ja nochmal - und - genau liebe Martina - Frank ist ein toller Daddy - unbestreitbar bleibt er glaubhaft, macht Fehler und gibt sich Mühe - toll gemacht seine Gespräche mit Holly

Seufz - das muss jetzt auf mich wirken, denn

Spoiler

obwohl ich es ja schon von Anfang an wusste (na ja stark vermutete, im Gefühl hatte), war mir da noch nicht nicht klar, warum - und das wurde wunderbar aufgelöst, finde ich.

Wer nur Anklänge aus einer solchen Familiensituation kennt, kann vermutlich nachvollziehen, wie sich der Täter selbst die Situation zurechtbog - und seine Begründung vor sich, kann er allemal nachvollziehen ...

Endespoiler

Hoffentlich können wir bald zu mehreren darüber diskutieren?

Liebe Rachel, wie hast Du 'Die Auflösung / Begründung' empfunden?

Bem: Ich setze ganz absichtlich die Spoiler, auch wenn ich darin m.E. nicht soviel verrate, ich weiß aber, wie schnell Lesespaß verdorben sein kann, das will ich gerade bei dem Buch nicht - nein so gar nicht ....
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