Hallo Yvonne,
ich lese normaler Weise auch NIE (!) ein Nachwort bevor ich das Buch gelesen habe. Auch informiere ich mich ungern vorher über den Roman. Denn ich möchte ihn ganz unbeeinflusst auf mich wirken lassen. Aber hier habe ich eine Ausnahme gemacht, da wir ja eine kleine Leserunde dazu hatten, mit unterschiedlichen Ausgaben. Und ich wollte Maria (die die ältere und somit veränderte Fassung hatte) ein paar Details an die Hand geben, die wir (Steffi und ich) in der Neuausgabe hatten. Auch wollte ich vorab schon mal erfahren, wo Veränderungen an dem Roman vorgenommen worden waren, damit wir während der Leserunde sensibel dafür sind. Vielleicht war das in dem Fall wirklich besser so. Mich hätte ohne vorheriges Hintergrundwissen der Sinneswandel der Quangels auch irritiert, da ich den nicht überzeugend gefunden hätte. In Anlehnung des wahren Falls aber schon.
Übrigens hat Fallada nicht viel von dem wahren Fall für seinen Roman übernommen. Aber dieses Detail schon. Außer dass es bei den Hampels der Bruder und bei den Quangels der Sohn war, der gefallen ist und den Sinneswandel herbeigeführt hat.
Im vierten (also letzten) Teil geht Fallada schon ins Detail. Er schont weder die Figuren noch die Leser. Ich hatte zuvor die Autobiografie von Marcel Reich-Ranicki gelesen. Dadurch ist in mir eine neue Neugierde für das Thema (Drittes Reich) in all seinen Facetten entstanden. Mir ging ebenfalls sehr nahe, was MRR und seine Frau im Warschauer Ghetto erlebt und erlitten haben. Aber verfolgt hat es mich nicht. Jedoch Falladas Roman. Allerdings wirklich erst im letzten Viertel. Davor kommt es fast geschwätzig daher. Gewollt, wie immer klarer wird. Die Geschichte wird immer dichter. Aber es braucht etwas Geduld dafür. Mir fiel es nicht schwer sie aufzubringen. Aber wenn man sich schwer tut, in diesen Fallada reinzukommen, dann ist der Geduldaufwand schon nicht ohne. Da kann ich verstehen, wenn man die vielleicht nicht aufbringen kann oder will. Aber die Handlung zieht später an.
Falls Du weiter liest, wäre ich natürlich sehr interessiert an Deinen weiteren Eindrücken. Wenn Du weiter machst, dann wappne Dich: Er lässt sich Zeit mit dem Aufbau. Es spitzt sich erst im letzten Viertel zu. Dann aber unaufhaltsam. Gut so, denn geschont werden wollte ich auch nicht. Sondern meinen Blick auf die Wahrheiten richten dürfen. Deshalb war ich froh, dass er am Ende schonungslos verfährt mit seinen Figuren.
Ich habe, was das Thema angeht, noch viele Bücher vor mir. Ich habe mich auch bereits gründlich eingedeckt. Die Autobiografie von MRR hat mir große Lust auf mehr über das Thema gemacht. So schwer verdaulich es auch ist. Es ist interessant, und auch wichtig. Wenn ich lese, welche Erfahrungen Du in der ehemaligen DDR gemacht hast, umso mehr. Dann weiß man umso eindringlicher, wie nah dran das Thema ist. Immer.