von Barbara » So 15. Jan 2012, 13:05
Zweiter Teil -5.Buch:
Also dieses fünfte Buch ist zwar sicherlich ein sehr wichtiges Buch und auch sehr erhellend, was das Denken und die Beweggründe von Dostojewskji angeht und daher auch nötig.
Aber, es ist nichts für schwache Nerven und auch nichts für alle die nur schwer ertragen könne, wenn es um Grausamkeiten in Richtung Kinder geht.
Aber diese Beschreibungen zeigen deutlich das Dilemma, in dem sich der Autor befindet, wenn er die Welt, den Russen und Menschen und dessen Handlungen, Gedanken und Beweggründe an sich erklären möchte.
Er klärt hier sehr eindringlich die Fragen nach der Unmöglichkeit von Harmonie und Frieden zwischen den Menschen.
Und in diesem Kapitel festigt sich auch mein Gefühl bezüglich der übernommenen Rollen der Figuren.
Aljoscha ist der religiöse Kern, das Gewissen: Aber ist er das in der Form, dass man sich auf ihn verlassen kann, ihm nachfolgen kann? Oder befindet er sich in einem noch nicht ausgereiften Zustand des sich Findens? Letzteres ist meines Erachtens der Fall. Vor allem auch deshalb, weil Dostojewskji ihn mit einer gehörigen Portion Naivität und auch blindem Glauben an das Gute im Menschen versieht. Wie oft sagt er bereits zu Beginn, dass er nicht glauben kann, dass man ihm Böses antun könne. Und wie erschüttert ist er, als z. Bsp. der kleine Junge ihm scheinbar völlig grundlos brutal in den Finger beißt. In solchen Momenten zerbricht für ihn immer ein Stück Glauben an die Welt und an die Menschen.
Auch läuft er meist blind seinem Meister hinterher und tut das, wofür man ihn „bestimmt hat“.
Sein Glaube und seine Berufung sieht er da, wo ihn sein Meister hinschickt und nicht dort, wo ER es empfindet ( Er will das Kloster verlassen, um die behinderte Lise, ein junges Mädchen, das sich in ihn verliebt hat, zu heiraten).
Er ist also von Grund auf gut, aber auch unfähig, einen eigenen Charakter und eine eigene Persönlichkeit zu offenbaren.
Und da ist dann ist da Iwan, der intellektuelle, leibliche Bruder von Aljoscha: Er ist der Denker, er ist für mich, bis jetzt, die Verkörperung des Autors selbst. Er ist immer in Gedanken, immer am Hinterfragen und am Erkunden des Daseins. Er sammelt Geschichten, grausame Geschichten, um sie aufzuschreiben und damit den Menschen und seine Beweggründe zu erklären.
Er ist ebenso, wie Aljoscha religiös, aber auch kritisch und hinterfragend. Er ist das Gewissen, welches auf den Grund der Ursachen gehen möchte.
Mitja und der Vater sind sich sehr ähnlich und dennoch sehe ich zwischen beiden auch große Unterschiede:
Der Vater ist kaum veränderbar, er ist schon zu festgefahren in seinem Fühlen, Denken und Tun. Er redet sich die Welt, in der er lebt so, wie er sie vor sich rechtfertigen kann um sich nicht eingestehe zu müssen, dass er ein Leben lebt, dass er seit Jahren eventuell so nicht will und damit sich und sein Dasein ad absurdum führt. Denn dann bliebe nur noch sein Ende als Ausweg.
Mitja ist im Grunde genauso veranlagt, aber hier sehe ich noch eine Chance auf Änderung. Er stellt den Charakter im Buch dar, der eventuell zu ändern, zu läutern ist.
Gruschenka ist die personifizierte Versuchung, sprich das Böse, das lockt, der Reiz des Verbotenen, dass den Menschen tagtäglich herausfordert und dem man widerstehen muss/sollte.
--> Die letzten drei symbolischen Charaktere vermute ich zu diesem Zeitpunkt nur. Es muss sich im Laufe des Buches zeigen, ob ich mit meiner Deutung richtig liege.
Liebe Grüße
Barbara