Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon Rachel » Di 11. Nov 2008, 12:05

Hallo Petra,

Petra hat geschrieben:Auch bin ich sehr gespannt, wie das Buch auf Rachel wirken wird. Sie möchte es ja auch gern lesen. Rachel, hast Du es schon zu Hause?

Ja, ich habe die englische Ausgabe bereits hier liegen und möchte das Buch auch demnächst lesen. Mal schauen, wann mir dann danach ist.

Was Du, liebe Petra, schreibst, macht mich übrigens fast noch neugieriger auf das Buch, möchte ich doch wissen, ob es mir damit eher wie Maria oder wie Dir ergeht. Interessant, wie unterschiedlich man ein Buch empfinden kann.

Ich werde Euch auf jeden Fall berichten, sobald ich zu "Letzte Nacht" gegriffen habe.
Liebe Grüße,
Rachel

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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon Petra » Di 11. Nov 2008, 12:24

Hallo Rachel,

Rachel hat geschrieben:Was Du, liebe Petra, schreibst, macht mich übrigens fast noch neugieriger auf das Buch, möchte ich doch wissen, ob es mir damit eher wie Maria oder wie Dir ergeht. Interessant, wie unterschiedlich man ein Buch empfinden kann.


Das freut mich, dass Dich das noch neugieriger macht! Ich bin auch wahnsinnig gespannt darauf, wie es auf Dich wirkt. Ob Du mit den bei Dir ausgelösten Empfindungen näher bei Maria und Steffi liegst oder bei mir. Und vor allem Deine Eindrücke ganz konkret.

Spannend, wie unterschiedlich ein Buch aufgenommen werden kann - finde ich auch. Absolut! Besonders in Fällen wo es nicht ein wenig differenziert zwischen "ich fand's super" und ein anderer sagt "hat mir gefallen, bis auf...". Sondern wo die Empfindungen von "was ganz besonderes" bis hin zu "kann ich überhaupt nichts mit anfangen" reichen. :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon JMaria » Di 11. Nov 2008, 17:24

Hallo Rachel,

Rachel hat geschrieben: Ich habe gestern Abend mit "The Optimists / Die Optimisten" von Andrew Miller begonnen. In Deutschland scheint das Buch irgendwie untergegangen zu sein, zumindest findet sich bei Amazon.de bisher keine einzige Rezension (und dabei ist das Buch schon Anfang 2007 erschienen), meine englische Ausgabe ist dafür auf der Rückseite vollgepackt mit begeisterten Kommentaren und zu Recht, finde ich bisher.

Hauptfigur ist der Fotojournalist Clem Glass, der traumatisiert aus Afrika nach London zurückgekehrt ist und nicht mehr mit seinem Leben klarkommt, bis er von seinem Vater gebeten wird, sich um seine psychisch kranke Schwester zu kümmern.

Der erste Satz des Buches lautet: "Nach dem Massaker bei der Kirche von N. flog Clem Glass heim nach London", und ähnlich knapp und prägnant ist das Ganze bisher geschrieben. Dabei gibt es immer wieder Sätze und Beobachtungen, die ich mehrmals lesen musste, weil ich sie so gelungen fand. Auch die Beschreibung Clems finde ich bisher sehr eindrucksvoll.

Hoffentlich geht das Buch ähnlich vielversprechend weiter. :)


wie sehr wird das Thema Genozid im Buch thematisiert? Ich las, dass der Protagonist ein Zeuge des Völkermords in Ruanda wurde(?)
Was so ein Erlebnis einem Menschen antut, muß schon sehr vorsichtig und feinfühlig beschrieben werden. Ich bin auf deine endgültige Meinung gespannt.

dazu fällt mir ein anderes Buch ein, gleiches Land:
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http://www.perlentaucher.de/buch/29169.html

als Erstlingswerk ein ganz schönes Wagnis, dem damaligen Krieg ein Gesicht zu geben. Der Held kommt voller Schuldgefühle und seelisch zerrissen heim, wie ich gelesen habe.

Das Thema ist mir im Moment zu heftig.

Liebe Grüße
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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon Rachel » Di 11. Nov 2008, 17:50

Hallo Maria,

JMaria hat geschrieben:wie sehr wird das Thema Genozid im Buch thematisiert? Ich las, dass der Protagonist ein Zeuge des Völkermords in Ruanda wurde(?)
Was so ein Erlebnis einem Menschen antut, muß schon sehr vorsichtig und feinfühlig beschrieben werden. Ich bin auf deine endgültige Meinung gespannt.

Der Protagonist war, zusammen mit einem Kollegen, als erster am Ort eines Massakers an Frauen und Kindern, es muss sich wohl um Ruanda handeln. Der Völkermord an sich wird bisher nicht ausführlich beschrieben, sondern das Buch beginnt damit, dass unser Protagonist nach London zurückkehrt. Wie erfahren nur bruchstückhaft aus Clems Gedanken, was passiert sein muss.
Es steht vielmehr die Gegenwart im Vordergrund und wie man mit so einem Erlebnis weitermachen kann, Clem unterteilt sein Leben jetzt in davor und danach.

Die Beschreibung, was es einem Menschen wohl antun muss, von so etwas Zeuge gewesen zu sein, finde ich sehr, sehr gelungen, sehr eindrucksvoll. Der Autor hat eine ganz feine Beobachtungsgabe, verwendet tolle Bilder und Sätze.

Ich würde nicht sagen, dass "The Optimists" ein Buch oder den Genozid in Ruanda ist, vielmehr ein Buch über Menschen, die irgendetwas aus der Bahn geworfen hat und die jetzt ihren Weg zurück ins Leben finden müssen. Und über die Art, wie wir die Welt um uns sehen und wie sich diese Sichtweise verändern kann.
Neben Clem treffen wir auch noch seine Schwester, die kürzlich einen Zusammenbruch erlitten hat und eben jenen Kollegen, der mit Clem als erster am Ort des Massakers war, auch er kann nicht mehr so weitermachen wie zuvor, reagiert aber trotzdem anders als Clem.

Ich berichte gerne noch einmal abschließend, wenn ich fertig bin. Wird sicherlich nicht mehr lange dauern, denn ich bin bisher wirklich ausgesprochen angetan von dem Buch

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Vielen Dank, das klingt interessant, wenn auch ziemlich heftig. Ich habe es mir mal notiert. :)
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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon Petra » Mi 12. Nov 2008, 09:35

Hallo zuammen,

Rachel, "Die Optimisten" hört sich wirklich ganz klasse an! Danke für die nähere Beschreibung. Und ich hoffe, wir hören weiterhin von Deinen Leseeindrücken dazu.

Völkermord von Ruanda - da fällt mir immer das Hörbuch Ein gewöhnlicher Mensch ein. Das hat mich so sehr beeindruckt! Auch hier stellt man es sich heftiger vor. Am Anfang dachte ich auch wirklich, ich muss ausschalten. Aber das war nur eine Szene. Danach erzählt Paul Rusesabagina von seinem Volk, seiner Familie, seinem Leben... und so langsam geht es über in das, was er getan hat um über 1.000 Menschen das Leben zu retten. Ganz unspekatkulär einerseits, atemberaubend andererseits. Seine Geschichte hat mich wirklich sehr, sehr berührt. Und es gibt einem Kenntnisse mit über den Völkermord, die Ursachen - alles in erträglicher sachlichkeit. So richtig nah blendet er am Anfang halt eine Szene ein, die sehr schlimm ist. Aber es geht nicht so weiter. Ich hatte es vor lauter Begeisterung damals auch zum Tipp des Monats gemacht (da findet sich auch noch ein kleiner Text von mir über das Hörbuch).

Ich selbst bin bei Nicci Frenchs "Bis zum bitteren Ende" auf Seite 50 gelandet. Für mich Lese-Schnecke turboschnell.

Und ich habe Stewart O'Nan aus dem Regal zurück noch mal auf meinen Wohnzimmertisch geholt. Vielleicht kann ich ihn besser in kleinen Dosen anstatt am Stück lesen. Vielleicht passiert mehr in mir, wenn ich mit Ruhe an das Buch ran gehe und jeder Szene viel Zeit lasse sich zu entfalten und zu wirken. Mich irritiert ja, dass Maria und Steffi es so ausgesprochen gut fanden (eigentlich liege ich mit Euch ja oft mehr auf einer Wellenlänge) und dass ich im gesamten Internet über das Buch nur Lob entdeckt habe. Gut, vielleicht liegt es mir nun mal einfach nicht. Aber eine kleine Chance möchte ich dem Buch noch einräumen.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon steffi » Mi 12. Nov 2008, 10:02

Rachel, dein Buch klingt interessant und ich bin gespannt auf dein abschließendes Urteil. Obwohl mich die Thematik und wohl auch, so wie du es beschreibst, den Umgang damit interessieren würde, traue ich mich an Bücher dieser Art nicht richtig heran. Ich weiß nicht, ob ich Schwierigkeiten hätte, damit fertigzuwerden - ich fühle mich dabei sehr hilflos.

Petra, du hast "Letzte Nacht" sehr gut beschrieben, diese Lähmung und Trostlosigkeit haben mich fasziniert. Es gibt eigentlich keine Hoffnung und auch Manny, dem das alles irgendwie bewusst ist (und bei O'Nan sind die Figuren nie dumm oder ignorant) und der trotzdem dem Leben so hilflos und passiv gegenübersteht. Er weiß, er sollte etwas ändern, er versucht, sich an Disziplin und Loyalität zu klammern, die die einzigen Werte sind, denen er sich gewachsen fühlt. Aber diese Werte reichen nicht aus, das wird schnell klar und das Leben erscheint sinnlos und emotionsleer. Es gibt keinen Kampf, kein Ziel, nur Weitermachen und stumm ertragen. Ich glaube, es geht um den Verlust der Werte und darum, dass man, vielleicht auch angesichts des ganzen Elends, auch des persönlichen Elends, nur mehr fähig ist, still zu leiden, irgendwie weiterzumachen und kein Glück mehr empfinden kann.

Dieses Thema kommt auch in Abschied von Chautauqua durch. Während die Elterngeneration noch ihr Glück im Sommerhaus am See fand, sucht die nachfolgende Generation vergeblich nach ihren Zielen - der Lebensstandard ist bereits angemessen und bei durchschnittlichem Talent finden sich keine weiteren, anderen Ziele. Man lebt also weiter und schlägt sich mit dem Alltag herum oder vielleicht verhindert der Alltag und die eingefahrenen Beziehungen auch das Glück.
Gruss von Steffi

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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon Petra » Mi 12. Nov 2008, 10:15

Hallo Steffi,

Stewart O'Nans Figur(en) (ich kenne bisher ja nur die aus "Letzte Nacht" - aber was ich über ihn herausgefunden habe, deckt sich mit dem was Du schreibst) sind ein wenig passiv, tatenlos und ertragen nur alles mögliche, ohne selbst was zu verändern. Das macht (zwangsläufig) alles trostlos. Folgerichtig, dass O'Nan eine trostlose Atmosphäre in dem Buch verbreitet. Vielleicht ist es auch genau das, was mich so stört/irritiert bzw. nicht damit zurecht kommen lässt. Ich weiß, es gibt diese Menschen, die passiv sind. Aber ich selbst bin gar nicht so. Ich kann das auch nicht verstehen. Und würde diese Menschen am liebsten schütteln um ihnen einzuimpfen, dass sich nur was ändern/verbessern kann, wenn man selbst etwas daran tut. Es gibt ganz klar Dinge, die wir leider, leider nicht ändern können. Aber viele Dinge eben schon. Einfach passiv leiden und das als einzige Möglichkeit sehen, gibt mir nichts mit auf den Weg. Außer ein Erkennen (bzw. daran erinnert werden), dass es solche Menschen gibt und das es so schade ist, dass sie sich so hängen lässen. Sich in ihr Leid so ergeben. Besonders wenn es ein Leid ist, an dem man noch was herumfeilen kann.

Was geben Dir die Geschichten von diesen Menschen mit auf den Weg? Findest Du einfach interessant, diese Sicht auf die Dinge durch O'Nans Figuren erleben zu können? Oder löst es in Dir Gedanken aus, die Dich bereichern? Warum folgst Du diesen Figuren gern? Das würde mich interessieren, so kann ich noch besser verstehen, an welcher Stelle wir das Buch (bzw. ich denke den ganzen Schriftsteller) anders empfinden.

Ich will versuchen Manny noch weiter zu folgen. Wird was dauern, da ich immer nur sporadisch reinlesen werde. Aber ich möchte es noch nicht ganz aufgeben.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon steffi » Mi 12. Nov 2008, 10:46

Petra hat geschrieben:Was geben Dir die Geschichten von diesen Menschen mit auf den Weg? Findest Du einfach interessant, diese Sicht auf die Dinge durch O'Nans Figuren erleben zu können? Oder löst es in Dir Gedanken aus, die Dich bereichern? Warum folgst Du diesen Figuren gern? Das würde mich interessieren, so kann ich noch besser verstehen, an welcher Stelle wir das Buch (bzw. ich denke den ganzen Schriftsteller) anders empfinden.


Hmm, Petra, das ist schwierig zu beantworten. Durch diese Sicht wird mir eigentlich vieles klar, Zusammenhänge in der Gesellschaft und warum sich so viele Menschen so viel gefallen lassen. Oder warum die Jugendlichen alles so trostlos sehen. Es fehlt, und das zeigt mir O'Nan deutlich, das Eingebettetsein in die Gesellschaft, die innere Zufriedenheit und die Fähigkeit, Glück in kleinen Dingen zu empfinden. Fehlen ist jetzt vielleicht zu viel gesagt, eher verkümmern diese Fähigkeiten. Früher war das Glück ein Ausflug an den Baggersee, heute ist es die Teilnahme am New York-Marathon.

O'Nan stellt die Frage, für was lohnt es sich zu leben und beantwortet sie nicht. So muss man selber darüber nachdenken und das sollte man, finde ich, öfter tun.

Und diese Melancholie, das ist auch etwas, was ich spüre - ich bin nicht unbedingt ein kämpferischer Mensch, eher pragmatisch - und ich schwelge dann gerne in melancholischen Texten.
Gruss von Steffi

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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon JMaria » Mi 12. Nov 2008, 10:54

steffi hat geschrieben:Hmm, Petra, das ist schwierig zu beantworten. Durch diese Sicht wird mir eigentlich vieles klar, Zusammenhänge in der Gesellschaft und warum sich so viele Menschen so viel gefallen lassen. Oder warum die Jugendlichen alles so trostlos sehen. Es fehlt, und das zeigt mir O'Nan deutlich, das Eingebettetsein in die Gesellschaft, die innere Zufriedenheit und die Fähigkeit, Glück in kleinen Dingen zu empfinden. Fehlen ist jetzt vielleicht zu viel gesagt, eher verkümmern diese Fähigkeiten. Früher war das Glück ein Ausflug an den Baggersee, heute ist es die Teilnahme am New York-Marathon.

O'Nan stellt die Frage, für was lohnt es sich zu leben und beantwortet sie nicht. So muss man selber darüber nachdenken und das sollte man, finde ich, öfter tun und natürlich exzellente Autoren.

Und diese Melancholie, das ist auch etwas, was ich spüre - ich bin nicht unbedingt ein kämpferischer Mensch, eher pragmatisch - und ich schwelge dann gerne in melancholischen Texten.


Hallo Petra,
hallo Steffi,

Steffi, genauso empfinde ich diese Geschichte, kann es nur nicht gut zum Ausdruck bringen.

früher habe ich mich an melancholische Geschichten nicht ran getraut, weil ich dachte, sie ziehen mich runter. Ich glaube, es gehört auch ein gewisses sich Öffnen dazu, um in diesen Texten schwelgen zu können.

Petra, vielleicht ist es wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Ich finde, für ein Häppchenweise lesen eignet sich "Letzte Nacht" vielleicht nicht. Aber sei nicht traurig. Man kann nicht erzwingen, dass einem ein bestimmter Stil zu einem bestimmten Zeitpunkt gefällt.

Liebe Grüße
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Re: Gerade auf dem Nachttisch - Ich lese gerade

Beitragvon Petra » Mi 12. Nov 2008, 11:45

Hallo Maria und Steffi,

o.k., ich kann mir jetzt in etwa vorstellen, was Euch an dem Buch reizt. Melancholie in Geschichten mag ich auch immer sehr gern (kürzlich erlebt im Film "The Weater Man" mit Nicolas Cage). Auch Geschichten über Menschen, die sich schwer tun. Bisher erlebten die Figuren dann aber - wenn auch eine noch so behäbige - Wende. Oder aber sie scheiterten an ihrer Passivität (z. B. Edith in Patricia Highsmiths "Ediths Tagebuch") oder ihrem Unvermögen umzudenken oder an ihrem eingefleischten Verhalten etwas zu ändern. Hinterließen vielleicht auch in mir ein Gefühl der Trostlosigkeit (wie z. B. - hier wieder ein Film, der aber auf einem Buch beruht - der Butler in "Was vom Tage übrig blieb"). Aber mir bauten sich Bilder auf, was diese Figuren hätten tun oder ändern KÖNNEN. Ich denke, dass Stewart O'Nan das nicht macht. Sondern das alles einfach so stehen lässt. Somit diese passiven Menschen einfach skizziert. Und ich frage mich deshalb, ob meine Zeit für das Buch noch kommen wird oder dieser Zeitpunkt längst schon überschritten ist. Denn ich glaube, das reicht mir nicht. Dass es solche Menschen gibt, weiß ich. Und sehe auch hier und da welche. Und auch die Gesellschaft an sich spiegelt solch passives Verhalten vielerorts wider.

Anscheinend somit einfach nicht mein Thema. Zumindest nicht in dieser Form, die keine anderen Möglichkeiten aufzeigt.

Mal sehen, ob ein weiteres ab und an reinlesen noch was bringt. Oder ich es wirklich akzeptiere, dass er nichts für mich ist. Es fällt mir sicherlich nun leichter, da ich denke zu verstehen, warum bei mir kein Funke überspringt. Sehr interessant - Danke für Eure Eindrücke! Sie haben mir sehr geholfen das alles besser einzuordnen.
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