Es ist das Jahr 1917; David Martin, 17 Jahre jung, arbeitet bei der Stimme der Industrie. Die Zeitung ist heruntergewirtschaftet und siecht vor sich hin. Doch David hat einen Fürsprecher und Gönner: Pedro Vidal. Und so bekommt er von Chefredakteur Don Basilio Moragas die Gelegenheit, eine Geschichte zu schreiben.
Die folgenden sechs Stunden verbrachte ich wie in Trance. Ich richtete mich in der Mitte der Redaktion an dem Tisch ein, der Vidal an den Tagen vorbehalten war, da es ihm beliebte, hier die Zeit totzuschlagen. Der große Raum war menschenleer und in die Düsternis des Rauchs von zehntausend Zigaretten getaucht. Ich schloss einen Moment die Augen und beschwor ein Bild herauf, eine schwarze Wolkendecke, deren Regen sich auf die Stadt ergoss, einen Mann mit Blut an den Händen und einem Geheimnis im Blick, der sich durch die Schatten tastete. Ich wusste nicht, wer er war, noch wovor er floh, aber in den nächsten sechs Stunden sollte er mein treuster Freund werden. Ich spannte ein Blatt in die Walze und presste ohne Pause alles, was ich zu bieten hatte, hervor. Ich rang mit jedem Wort, jedem Satz, jeder Wendung, jedem Buchstaben und jedem Bild, als wären sie die letzten meines Lebens. Ich schrieb und schrieb jede Zeile um, als ob meine Existenz davon abhinge, und dann schrieb ich alles abermals um. Meine einzige Gesellschaft waren das unablässige, sich in den Schatten des Raumes verlierende Tastengeklapper und die große Wanduhr, die die bis zum Morgengrauen verbleibenden Minuten aufzehrte.
Ich liebe Zafóns Art zu erzählen. Für mich ist er der größte Geschichtenerzähler, den ich kenne.
Während David nun dachte, er könnte sich glücklich schätzen, merkte er, wie die Kollegen ihm seinen Erfolg neideten. Ja, sie grüßten ihn nicht einmal mehr.
Dabei reichte sein Gehalt gerade mal, um über die Runden zu kommen, sich in einer Pension eine elende Kammer zu mieten, die eine Frau, selbst unter Todesdrohungen, nicht betreten würde. Vidal würde ihm unter die Arme greifen, aber das wollte David nicht.
Mit seiner Serie
Die Geheimnisse von Barcelona gewann David einen Fan, der ihm einen Brief schrieb. Er wurde in
Die Träumerei eingeladen. Die war mal ein elegantes Etablissement, in dem ein junger Mann auf professionelle Weise seine Unschuld verlieren konnte. Tatsächlich verbrachte David dort die Nacht seines Lebens. Als er drei Tage später wieder zur Träumerei wollte, war die nur ein heruntergekommenes Haus.
Der Kneipenwirt von gegenüber erzählte ihm, dass das Lokal schon vor fünfzehn Jahren nach einem Brand geschlossen wurde.