Hallo zusammen,
Rachel hat geschrieben:Allerdings liest Du ja auch schon recht lange an dem Buch und ehrlich gesagt weiß auch ich nicht, ob mir das Ganze dann nicht auch irgendwann zuviel werden würde. Vielleicht liegt es ja daran?
Meinte Binchen ja auch schon. Aber auch nach nochmaligem nachdenken glaube ich es nicht. Humor ist ja immer eine Geschmackssache. Und da kommt es oft auf Nuancen an, die darüber bestimmen ob er einem liegt oder nicht. Donna Andrews Humor liegt mir bedingt. Er ist mir zu aufdringlich, zu gewollt. Es ist mehr einen aneinandereihung an komischen Situationen, die - zugegebener Maßen - oft auch komisch sind. Aber in der Masse nutzt sich das einfach für mich ab. Ein bisschen weniger, aber ein bisschen mehr Augenmerk auf die Kriminalgeschichte und vor allem auch die Figurenzeichnung hätte mir mehr gelegen. Zu viel wird es mir z. B. wenn Hochzeitsgäste mit Vogelfutter werfen (nicht nur ein Gast, sondern zahlreiche) während die Autos mit den Brautleuten abfahren. Oder wenn Menschen ständig auf Bäumen hocken oder sich in ihnen verstecken. Oder der boshafte Hund... irgendwann weiß man ja, dass er ein kleiner Wüterich ist.
Aber das ist nicht weiter schlimm. Bei mir reicht das ja immerhin noch für 2-3 Sterne (also zwischen "ganz nett" und "gut"). Nur eben nicht - wie bei Doris auch - um Verlangen zu entwickeln jetzt das nächste zu kaufen/lesen. Aber da ich da mit Doris auch eher eine Ausnahme bilde, ist mir noch bewusster, dass es einfach eine Geschmacksfrage in diesem Fall ist.
Mir wurde der Humor in der Reihe von P.J. Tracy übrigens auch zuviel, wo andere es eben gerade deswegen so besonders finden! Bei der Thriller-Reihe zündete es aber bei mir immerhin so, dass ich sie alle lesen will, weil ich schon wissen möchte wie es allen so weiter ergeht und weil ich es teils auch schon lustig finde. Nur dann irgendwann immer zu viel. Denn durch diese ständig eingebauten Gags und flotten Sprüche wird es einfach auch sehr unglaubwürdig.
Aber wer Meg Langslow besucht, will sicher auch gar nichts halbwegs glaubwürdiges. Und deswegen stört es ganz gewiss auch die meisten nicht, dass sich vieles wiederholt. Der Humor, aber auch die Art der Hochzeitsvorbereitungen oder auch Dinge innerhalb des Kriminalfalls (Spoilerschrift:
Z. B. die Anschläge mit dem vergifteten Essen. In der Realität würde da ja keiner mehr drauf reinfallen. Und hier hätte ich mir ein bisschen mehr Abwechlung und Raffinesse gewünscht. Darin - fand ich - hat sich die Autorin nicht so große Mühe gegeben. Und es nutzte sich für mich einfach auch ab.Und dass es durch das langsame Lesetempo kommt, glaube ich auch deswegen nicht, weil ich ja jahrelang noch viel langsamer gelesen habe. Und da hat mich dann sowas auch entweder genervt oder eben nicht, wenn mir der Humor eben besser lag.
Definitiv ist es aber ein Wohlfühlbuch. Ich fühle mich in der verrückten Familie auch wohl. Aber danach möchte ich sie sich lieber selbst überlassen!

Da sehe ich mich aber als (fast) Einzelfall. Ich kann wirklich gut verstehen, dass das Buch vielen große Freude bereitet, bzw. die ganze Serie. Denn wohlfühlen kann man sich darin wirklich. Und wenn man sich nicht an den Dingen stört, die mich davon abgehalten haben sehr begeistert zu sein, dann ist es genau das richtige!
Rachel hat geschrieben:"A Likeness" gefällt mir immer noch sehr gut, allerdings habe ich die letzten Tage pausiert, weil mir das Buch für unterwegs dann doch zu unhandlich war. Heute Abend geht es weiter.
Das ist schön zu wissen! Denn - soviel sei schon verraten - ich habe es zu meinem Geburtstag geschenkt bekommen (sogar doppelt! *g*). Und es lockt natürlich!

Dass es Dir zu dick für unterwegs ist, kann ich gut verstehen! Ist ja wirklich wieder ein Brecher!

Binchen hat geschrieben:ich bin mir nicht so ganz sicher, was die innere Handlung für Dich so lesenswert machen könnte, denn im weiteren Sinne ist es ja auch ein historischer Roman, der allerdings in nicht allzuferner Vergangenheit - also zur Zeit meiner Großmutter spielt. Also vielleicht auch ein wenig Gefühl für deren Aufwachsen und Leben.
Auf Grund der Zeit in der die innere Handlung spielt, sehe ich keine Probleme. Ganz im Gegenteil! Meine Probleme mit den historischen Romanen bezieht sich ja auf die Zeit des Mittelalters oder noch davor liegenden Zeiten. Da habe ich Probleme mich reinzudenken. Kann mir nicht ganz vorstellen, wie die Welt da ausgesehen hat. Aber ich sage mal bis zurück ins 15. Jahrhundert habe ich da geringere Probleme. Und spätestens ab 17. Jahrhundert gar nicht. Um 1900 rum finde ich die Zeit beinahe nicht historisch - auch wenn sie das strenggenommen ist. Denn aus der Zeit kenne ich ja selbst noch Menschen, so z. B. meine Großmutter väterlicherseits. Das ist für mich alles sehr vorstellbar und auch sehr interessant!
Binchen hat geschrieben:Es ist eher spannend - Ariane sagt - Suspense - denn es gibt einen Mord, verschwundene Menschen, Geheimnisse, Physik, Politik, Geheimpolizei - und Lebensgefühl - nicht alles wird aufgeklärt - aber es gibt halt auch einen Bezug zur Rahmenhandlung - der jedoch schwächer ist, als erhofft.
Suspense liegt mir sehr! Allein schon durch Patricia Highsmith. Aber auch Jason Starr. Oder jüngst Hans Werner Kettenbach, den man da ja auch ein Stückweit einordnen kann mit seinem Krimi "Glatteis". Ich mag ja gern Bücher, die mehr sind als ein bloßer Krimi. Mich stört es eher nicht, wenn er sich nur langsam und leise entwickelt/einschleicht. Im Gegenteil, sowas reizt mich. Insofern könnte die innere Handlung was für mich sein. Lebensgefühl lasse ich mir auch allzu gern vermitteln, zumal von einer Stadt wie Berlin, die ich ja schon öfters sehr begeistert besucht habe und die meine liebste deutsche Großstadt ist.
Die Rahmenhandlung hatte mich allerdings zuerst angesprochen. Und somit halt meine Befürchtungen, ob die innere Handlung auch so atmosphärisch und packend ist wie die Rahmenhandlung. Denn das war es, was mich so neugierig auf das Buch gemacht hat: Die dichte Atmosphäre und das direkt hineingezogen werden und nicht mehr losgelassen werden.
Binchen hat geschrieben:Wie stehst Du zu Baronessen? Zu Standesunterschieden? - Hier ist ein WENIG Jane Austen zu wittern -
Na klar, den finde ich sehr interessant! Das ist ja ein wichtiger Punkt, der mich z. B. an Jane Austen oder Charles Dickens oder auch den Geschwistern Bronte reizt.
Und ich habe mal ganz begeistert "
Ein kleiner Tod" (Link führt zur Rezension) von Laura Wilson gelesen. Ebenfalls ein Roman, der um die Jahrhundertwende (also um 1900 meine ich) spielt (bzw. in Rückblenden - die den größten Teil des Buches ausmachen - in diese Zeit zurückgehen) und über Standesunterschiede (Dienstboten und die Herrschaft) erzählt. Auch hier ist die Kriminalgeschichte äußerst leise. Aber das Szenarium, das Lebensgefühl, die Lebensumstände, die Standesunterschiede, all das hat mich fasziniert. Das Buch war mir 4 Sterne wert! Kleiner Auszug aus meiner Rezension:
"Man hat Einblicke in eine Zeit, die noch gar nicht so weit zurückliegt und in der das Leben doch noch so ganz anders war. Andere Moralvorstellungen, andere Prinzipien, strengere Regeln und der deutliche Klassenunterschied."Binchen hat geschrieben:Ich hätte Dir diesen Roman nicht sofort wärmstens ans Herz gelegt - ich würde vielleicht noch einem Monk ins Rennen schicken - um dich der Zeit auch durch einen englischen Roman zu nähern, der faszinierende Persönlichkeiten birgt.
So sehr mich Monk auch auf seine Art reizt, so glaube ich doch, dass mir Dagmar Scharsichs "Der grüne Chinese" noch etwas mehr liegt, weil sie so dicht und so atmosphärisch erzählt. Wenn sie innerhalb des Romans nicht nachlässt. Und wie gesagt, die Zeit in der der
grüne Chinese spielt bereitet mir gar keine Probleme. Die ist noch greifbar nahe für mich.
So kann ich mir das jetzt schon mal ein bisschen deutlicher vorstellen. Dankeschön!