Peter Wawerzinek: Rabenliebe

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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon JMaria » Mi 1. Dez 2010, 16:26

steffi hat geschrieben: Der zweite Teil handelt im Jetzt, die Fahrt zur Mutter und die Begegnung nach fast 50 Jahren. Dieser Teil hat mir nicht so gut gefallen, seine Gefühle spitzen sich zu, aber wo und wie oft er auf der Fahrt geheult und gekotzt hat ... nein, das ist mir zu übertrieben plakativ. Es mag so gewesen sein und sicher kann man das nicht gut nachempfinden, wenn man so etwas nicht erlebt hat, vielleicht bin ich auch nicht sensibel genug - aber ich mag mehr die leisen Töne, die genauso gut die Abgründe zeigen können und das meiner Meinung nach oft besser. Hier ist mir auch sprachlich zu viel gewollt.


ich glaube, den Seelenpein drastisch gewollt rauszulassen, ist vielleicht auch ein Merkmal unserer Zeit. Ich fand das nun schon öfters in der Literatur (Apostoloff). Darin war ein Wüten auf den verstorbenen Vater vorhanden. Seltsamerweise, hat es mir nicht widerstrebt, obwohl ich es lieber etwas verbal zurückhaltender mag.

Gruß,
Maria
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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon steffi » Do 2. Dez 2010, 13:01

Hallo JMaria,

danke, das ist interessant, dass das wohl in neuerer Literatur öfters vorkommt.

Insgesamt hat das ja auch zum Buch gepasst, nur bleibt einfach zu wenig Raum für die eigene Phantasie.
Gruss von Steffi

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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon JMaria » Do 2. Dez 2010, 14:57

steffi hat geschrieben:Hallo JMaria,

danke, das ist interessant, dass das wohl in neuerer Literatur öfters vorkommt.

Insgesamt hat das ja auch zum Buch gepasst, nur bleibt einfach zu wenig Raum für die eigene Phantasie.



interessant wäre hierzu wohl auch "Die Mittagsfrau", wobei es darin, soviel ich weiß, habs nämlich nicht gelesen, um eine Frau geht, die ihr Kind zurücklässt. Aus welcher Perspektive erzählt wird, weiß ich nicht.

Gruß,
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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon Petra » Fr 3. Dez 2010, 09:03

Hallo zusammen,

Steffi, ich habe Deine abschließenden Eindrücke zu "Rabenliebe" mit Interesse verfolgt. Ich bin gespannt, wie das Buch auf mich wirkt, wenn es mal an der Reihe ist.

Und Deinen Aspekt, liebe Maria, fand ich auch interessant. Denn richtig, in "Apostoloff" wird ja auch so herumgewütet. Und mir fällt noch Sibylle Bergs "Der Mann schläft". Eine Mischung zwischen Wut und Resignation.
Liebe Grüße,
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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon JMaria » Mi 5. Jan 2011, 15:19

steffi hat geschrieben: Ich habe gestern die ersten Seiten gelesen. Sofort fällt auf, dass er in einer Montagetechnik schreibt, zwischen dem Prosatext befinden sich Gedichtzeilen, nicht wie üblich in Versform sondern ebenfalls in Prosa eingefügt. Dazwischen noch Texte, die offensichtlich aus Zeitungsnachrichten stammen und wohl den Bezug auf die aktuelle Gegenwart wiedergeben soll. Gleich auf den ersten Seiten gibt es etliche Metaphern, wobei die doch schon stark strapazierten - ein wenig mehr und es wäre mir zu offensichtlich gewollt gewesen. So hat er aber für mich gerade noch die Kurve gekriegt. Ebenfalls einmontiert und geradezu ohne Übergang wechseln die Erinnerungen des Ich-Erzählers mit der Reflektion des Autors. Duch die Nebelmetaphern entsteht natürlich sogleich eine gewisse Atmosphäre, sein Nebel der Erinnerung soll ja durch dieses Buch gelüftet werden - wie gesagt, die Metaphern dazu fand ich etwas zu viel.



Hallo Steffi,

die ersten 20 Seiten gelesen;
und ich mußte abbrechen! Wenn ich nicht weiß, welche Gedichte er einbaut, macht mich das ganz nervös; also bin ich auf die Suche gegangen.

Eichendorffs "Winternacht", Mörikes "Im Nebel ruhet noch die Welt" und ein Kinderlied "Ach bittrer Winter, wie bist du kalt, hast entlaubet den grünen Wald.." finden sich auf den ersten 3 Seiten.

Diese unscheinbare Montagetechnik finde ich interessant; sie spricht mich an, zumindest für den Anfang und reizt unglaublich zum Weiterlesen.

Auch was er durch die Gedichte sagen will, die er so ohne Zitat einbaut... Winter, Schnee, ein kahler Baum, der Wald entlaubt... sind meines Erachtens Metapher für den Tod.

Jedoch den Herbst mit seinem Nebel bringt er in Verbindung mit Leben (Nebeleben, Lebenebel).

die zeitgenössischen Zeitungsberichte, die nicht zu dem erzählten Zeitraum passen, wirken auf mich wie die Gedichte, wie Anker im Gedankengut "..es hätte ja auch schlimmer kommen können..." - Eine Art Rettungsleine?

also der Beginn des Romans finde ich hochinteressant, stilistisch fein ausgeklügelt.

Grüße von
Maria
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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon Petra » Mi 5. Jan 2011, 15:50

Hallo Maria,

Danke für Deine Eindrücke! Mich reizt das Buch auch sehr. Vom reinlesen her hat es eine magische Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Ich würde zwar anders lesen (die Zitate und Gedichte möchte ich da nicht näher benannt wissen - vielleicht im Nachhinein, aber während des Lesens nicht so unbedingt, da ich mich einfach würde treiben lassen wollen und erspüren möchte, was das alles in mir persönlich für Gefühle hervorruft. Ich würde also emotionaler lesen, anstatt mit dem Verstand heran gehen), aber ich finde Deine Herangehensweise immer wieder sehr bemerkenswert und hochgradig interessant! Und zum nachbereiten - wann auch immer ich "Rabenliebe" lesen werde - werde ich hier reinschauen und nachschlagen, was Du zu den einzelnen Passagen herausgefunden hast.

Danke fürs teilen und fürs neugierig machen! Und Dir weiterhin viel Lesefreude damit!
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon JMaria » Mi 5. Jan 2011, 16:16

Petra hat geschrieben:Hallo Maria,

Danke für Deine Eindrücke! Mich reizt das Buch auch sehr. Vom reinlesen her hat es eine magische Anziehungskraft auf mich ausgeübt. Ich würde zwar anders lesen (die Zitate und Gedichte möchte ich da nicht näher benannt wissen - vielleicht im Nachhinein, aber während des Lesens nicht so unbedingt, da ich mich einfach würde treiben lassen wollen und erspüren möchte, was das alles in mir persönlich für Gefühle hervorruft. Ich würde also emotionaler lesen, anstatt mit dem Verstand heran gehen), aber ich finde Deine Herangehensweise immer wieder sehr bemerkenswert und hochgradig interessant! Und zum nachbereiten - wann auch immer ich "Rabenliebe" lesen werde - werde ich hier reinschauen und nachschlagen, was Du zu den einzelnen Passagen herausgefunden hast.

Danke fürs teilen und fürs neugierig machen! Und Dir weiterhin viel Lesefreude damit!


Hallo Petra,

ja, ich hoffe, das Buch macht sich weiterhin so gut !
Du meinst also, ich gehe mehr mit Verstand an einem Roman ? Stimmt zum Teil - jedoch durch das tiefere Wissen, kann ich mehr mit dem Autor (er bringt sich selbst in die Geschichte ein) und der Geschichte anfangen. Der Autor will mir etwas sagen, aber nicht so deutlich ... aber was nur? Das sind die Gedanken, die mir in solchen Fällen durch den Kopf gehen.

Dass er "Rabenliebe" mit einem Gedicht von Eichendorff beginnt ist für mich ein wichtiges Detail um mit dem Autor zu gehen, emotional gesehen. Die Romantiker, zu denen Eichendorff gehörte, benutzten die Natur als Metapher, mischten Märchen, Gedichte, Lieder und Erzählungen in ihren Werken. Finde ich das auch bei Wawerzinek? Sucht er die blaue Blume, die innere Heilung?

hach, das stimmt mich emotional sehr auf das Buch ein. :)

er fordert mich heraus und vielleicht kann ich ihn dann auch besser verstehen, denn ich muß gestehen, das Thema "mutterloses Kind" ist nicht mein Thema das mich sonst reizen würde.

Liebe Grüße
Maria
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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon Petra » Mi 5. Jan 2011, 16:33

Hallo Maria,

doch ja, ich finde, dass Du immer viel mehr analytisch und mit dem Verstand an ein Buch herangehst. Z. B. auch bei "Der Turm" von Uwe Tellkamp würde ich mir diese Mühen nicht machen, die Du Dir machst. Bzw. mir würde es dann wie Arbeit vorkommen, anstatt wie Lesevergnügen. ABER: Nicht dass Du das falsch verstehst! Ich bewundere Deine Herangehensweise in solchen Fällen! Denn Du ziehst dadurch mehr aus einem Buch heraus als ich. Und das schönste ist: Für Dich gewinnst Du dadurch noch zusätzlichen Spaß an dem Buch!

Ich finde das toll! Und für uns hier ist das oft sehr wertvoll, da Du so lieb bist, Deine gewonnenen Erkenntnisse mit uns zu teilen! Ich profitiere davon z. B. sehr gerne! Zumal ich auch weniger herausfinden würde wie Du. Du hast dafür ein großes Talent! Wahrscheinlich, weil Dich das in dem Moment so sehr interessiert, dass Du Deine Energie richtig darauf einsetzt, solche Details herauszufinden! :-)

Das fehlt mir etwas.

Ist auch nicht schlimm, denn meine Herangehensweise ist nicht falsch. Nur anders. Ich erlebe ein Buch rein durch die reine Wirkung, die es auf mich persönlich ausübt. Manchmal bin ich dann im Nachhinein, wenn ich mich über Hintergründe (z. B. auch über den Autor und seine Absichten/Motive/Stilmittel) informiere (also nach dem lesen oder nach einem gewonnenen Eindruck) positiv erstaunt, dass ich es richtig erspürt habe. Das richtige hineininterpretiert habe. Aber manchmal stehe ich auch wie ein Ochs vorm Berg da. Und da bin ich immer froh, wenn ich von Dir etwas nachlesen kann. Oder von Wolf, der zur Zeit ja leider nicht mehr aktiv ist. Ging mir z. B. bei Lydia Davis so.

Einen Vorteil habe ich bei meiner Herangehensweise: Ich lese es unbeeinflusst. Und kann im Nachhinein sehen, wie weit ich damit von dem abweiche, was der Autor gemeint hat.

Aber meine Herangehensweise hat auch einige Nachteile. Mir entgeht vieles beim lesen, wenn ich die Hintergründe nicht erforsche oder im Nachhinein nur noch ein paar Dinge erforsche, aber nicht alles. Und ich glaube bei "Rabenliebe" und auch bei "Der Turm" entgeht einem dabei schon einiges.

Deshalb ist aber keine Herangehensweise besser oder schlechter, richtig oder falsch. Beides hat so seins. Finde ich. Da Deine so anders ist als meine, verfolge ich sie aber immer sehr interessiert und fasziniert. Ich danke Dir fürs teilen hier! Wird sehr wertvoll für mich sein!

Maria hat geschrieben:Dass er "Rabenliebe" mit einem Gedicht von Eichendorff beginnt ist für mich ein wichtiges Detail um mit dem Autor zu gehen, emotional gesehen. Die Romantiker, zu denen Eichendorff gehörte, benutzten die Natur als Metapher, mischten Märchen, Gedichte, Lieder und Erzählungen in ihren Werken. Finde ich das auch bei Wawerzinek? Sucht er die blaue Blume, die innere Heilung?


Sieh', allein hier: Das hätte ich so in etwa beim reinlesen erspürt. Aber nicht benennen können, warum. Du kannst es an Dingen festmachen oder zumindest abwägen. Das ist einfach klasse! :-)

Und ich denke, dass Du mit Deinen Gedanken schon ganz richtig liegst! Das mit der blauen Blume und inneren Heilung wäre zwar was, worüber ich so gar nichts weiß (klingt aber sehr einleuchtend! Das sind so Dinge, für die ich Dir hier sehr dankbar bin!). Aber das mit der Natur als Metapher, das springt mich beim lesen nahezu an. Das fühle ich heraus. Dafür dann durch Dich eine Untermauerung durch den Bezug zu Eichendorff zu erhalten, finde ich sehr interessant! Das sind so Dinge, die an mir vorbei gegangen wären, da ich viel zu wenig über Eichendorff weiß, als dass ich ihn hierin erkannt hätte! Du hast da wirklich ein Talent! Und wie gesagt, am besten und schönsten daran finde ich, dass es Dein Leseerlebnis intensiviert und noch aufregender macht! So ist es richtig! :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon JMaria » Mi 5. Jan 2011, 16:58

Hallo Petra,

es ist fein, dass wir uns so gut ergänzen. Dein Gespür für Emotionen ist auch ein wertvolles Gut !

auch ich würde eine Vorgehensweise weder für gut oder schlecht bewerten, denn jeder Leser ist individuell.

und du hast recht damit, dass durch meine Abbrüchen um Nachzuforschen, gern auch der Lesefluß leiden könnte. Ich muß schon schauen, dass ich das richtige Maß finde.

Ich breche nur ab, wenn mir etwas so richtig ins Auge springt.

zum Beispiel kommt auf S. 17 ein weiteres Kinderlied im Text vor, ganz unauffällig eingebaut ohne Zitatkennzeichnung. Ich finde das so rührend. Als ob das Kind/der Autor hier den Anker den Halt sucht und findet, da seine Welt aus "Winter" besteht.

mich haut es fast um wenn ich lese:

Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder, den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter, der Frühling bringt Blumen, der Sommer den Klee, der Herbst bringt Trauben, der Winter den Schnee. Ich sitze am Fenster und sehe zum Garten meines ersten Kinderheimes hin, wo seit Tagen Schnee aus allen Wolken herabfällt... und kleine Vögel zu beobachten sind, die im Schnee kein Futter vorfinden,.... sich von den Sonnenblumenkörnern im Schmalztopf ernähren. Schmalz, von mir unter den wachsamen Augen der Köchin mit Namen Frau Blume ausgelassen .... (S. 17)

Interessant finde ich, dass er das Kinderlied bei der vorletzten Strophe unterbricht, denn die letzte Strophe klingt viel zu lieblich und fröhlich (Und wie sie sich schwingen im Jahresreihn,
so tanzen und singen wir fröhlich darein.
). Auch beim Eichendorff Gedicht zu anfangs des Romans fehlt die letzte Strophe. Der Autor kompensiert seine düsteren Erinnerungen an das erste Kinderheim mit Lyrik. Sogar die Köchin hat den Namen "Blume". (Jedoch noch keine "blaue").

Ich bin echt gespannt, wie der Autor das durchhält.

Liebe Grüße
Maria
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Re: Peter Wawerzinek: Rabenliebe

Beitragvon Petra » Mi 5. Jan 2011, 17:11

Hallo Maria,

ja, ich empfinde unsere Herangehensweisen auch als ergänzend. Schön, dass Du meine Weise auch als wertvoll erachtest. So hatte ich es noch gar nicht gesehen. :-)

Der Lesefluss. Ja, der könnte leiden durchs unterbrechen. Oder aber wie bei Dir auch das versinken im Buch noch intensivieren. Mir fiele es zusätzlich aber schwer, nachzuschlagen, wenn ich über eine Stelle stolpere, da ich in meinen Lesezeiten gar nicht so die Möglichkeit hätte. Denn meine Lesezeiten sind ja in der Bahn oder mittags beim Essen auf der Arbeit oder abends im Bett. Aber dann zum müde werden. Da wäre ein aufstehen und forschen sicher nicht hilfreich. ;-)
Aber das sind nicht mal die Gründe, nur zusätzlich würde mich das natürlich hindern.

Noch etwas aus Deinem vorherigen Posting:

Maria hat geschrieben:er fordert mich heraus und vielleicht kann ich ihn dann auch besser verstehen, denn ich muß gestehen, das Thema "mutterloses Kind" ist nicht mein Thema das mich sonst reizen würde.


Ich glaube, das hat er auch vor: Seine Leser herausfordern. Du bist bestimmt eine Leserin, wie er sie sich für sein Buch wünscht: wach und interessiert und mit Forschergeist und Hintergrundkenntnissen zur Lyrik und den Kinderliedern, die er einfließen lässt. :-)

Was sein Thema angeht, so interessiert es mich persönlich, seit ich mit Ayhan zusammen bin. Denn er ist größtenteils fern von seinen Eltern aufgewachsen und hat da auch viel zu verarbeiten. Schön aber, dass Wawerzinek auch Leser locken kann, die zu dem Thema nicht selbst einen Bezug haben.

Ich lese das hier weiterhin mit und später alles nach. Deine Gedanken stoßen hier auf offene Ohren/Augen! :-)
Liebe Grüße,
Petra


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