Hallo zusammen,
nachdem ich am Freitag das Buch "Überredung" von Jane Austen beendet habe, habe ich gleich mal die BBC-Verfilmung "Jane Austen's Verführung" mit Amanda Root angeschaut.

Ich muss sagen, durchaus gelungen. Und bis zum letzten Teil, der in Bath angesiedelt ist, auch ziemlich nah an der Vorlage. Der Schluss war dann ein wenig zusammen gestückelt. Zudem: Jane Austen hat den Schluss in ihrem Roman umgeschrieben. Das ursprüngliche Kapitel ist in meiner Fassung enthalten gewesen, damit man nachlesen kann, wie es zuerst geschrieben war. Und im Film fließt von beiden Enden etwas ein. Das fand ich nicht sooooo gut und nötig. Aber verzeihlich. Auch dass Mr. Elliots Rolle als Annes Verehrer anders (zusammengerafft) abläuft, fand ich entschuldbar. Es hätte sicher zu viel Zeit eingenommen, das ausreichend darzustellen und zu erklären. Alles in Allem bleibt dem Leser des Buches der Sinn und die Gefühle, die das Geschehen beherrschen, erhalten. Und durch diesen Film kann man sie immer wieder neu erleben. Mit den Darstellern war ich weitestgehend auch sehr zufrieden. Annes ältere Schwester hätte ein bisschen hübscher sein können. Und an Lady Russell störte mich die Kurzhaarfrisur. Aber das sind Kleinigkeiten. Besonders die beiden Hauptfiguren fand ich passend.
Ich fragte zwischendurch immer Ayhan, in wie weit er die Handlung nachvollziehen könne. Denn ich merkte beim schauen, dass sich mir die Motive der Figuren nicht immer ganz erschlossen hätte, wenn ich das Buch nicht gekannt hätte. Und die ganzen Namen (oft heißt der Sohn ja wie der Vater - so gibt es insgesamt drei Charles. Oder ein Verehrer Annes trägt den selben Nachnamen wie Anne - weil er ihr Cousin ist.) hätte ich zudem verwirrend gefunden. Ich bin nicht ganz so ein aufmerksamer Filmeschauer. Aber Ayhan hat die Namen und die Zusammenhänge gut begriffen. Nur - und das hatte ich mir fast beim schauen gedacht - die Gründe für die Handlungen der Figuren wurden nicht immer so eindeutig klar. Z. B. weiß der Zuschauer nichts über Kapitän Wentworth Gefühle. Er wirkt, als sei Anne ihm völlig gleichgültig. Die kleinen Gesten (wie z. B. dass er darauf besteht, dass die vom Spaziergang erschöpfte Anne den einzigen Platz in der Kutsche erhält) werfen kein eindeutiges Licht auf seine Gefühle und Beweggründe. So etwas kann das Buch natürlich viel besser, da der Leser an Annes Gedanken und somit Deutungen der Gesten Wentworth teil hat. Das waren dann auch genau die Fragen, die Ayhan stellte. Und an anderen Stellen merkte ich, dass er was "missverstanden" hatte. Weil der Film einfach nicht eindeutig ist. So kann man z. B. nicht unbedingt darauf kommen, dass die Szene mit Louisas Sturz in Lyme nur einen einzigen Zweck hat: Klar machen, dass Willensstärke nicht IMMER gut sein muss, sondern auch mal schaden kann. Und dass Vernunft und Besonnenheit hingegen auch mal sehr hilfreich sein kann und nicht immer schlecht sein muss. Die Szene, wo Kapitän Wentworth halt klar wird, dass Annes Handeln damals zwar nicht gut war, aber verständlich. Das wurde Ayhan dann auch beim schauen wirklich nicht klar. Kann ich nur zu gut verstehen, denn das hätte ich beim Film auch nicht aus der Szene herausgelesen!
Somit denke ich, dass dieser Film für Kenner des Buches durchaus ein schönes noch mal erleben bietet. Für diejenigen, die das Buch nicht kennen, stelle ich mir das stellenweise jedoch etwas schwierig vor.
Ayhan hat der Film nicht vom Hocker gerissen, aber er fühlte sich durchaus angenehm und gut unterhalten. Für mich war es ein schönes Wiedersehen mit den Figuren aus dem Roman, über das ich mich gefreut habe. Aber die Faszination, die damals die sehr Vorlagengetreue BBC-Verfilmung von "Stolz und Vorurteil" mit Jennifer Ehle und Colin Firth auf mich ausgeübt hatte, stellte sich hier nicht ein. Somit: Nett, aber es ginge auch noch besser!